ZAHLEN ZUM TAG. Die frühe Entscheidung über den bildungsabhängigen Lebenslauf bzw. den Weg nach der Volksschule ist nicht nur von den Noten abhängig, sondern auch vom Wohnort. Also Schicksal.
Kurt Fischer, Bürgermeister von Lustenau (Vorarlberg), engagiert sich schon lange für eine Gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen. Vor wenigen Tagen hat ihn ein Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten angesprochen, in dem unter dem Titel „Entscheidung fürs Leben“ beleuchtet wird, was an Volksschulen gerade läuft: Ein Kampf um beste Noten, geführt von Eltern mit Lehrern mit dem Ziel, das eigene Kind ins Gymnasium zu bringen.
Fischer, ein ÖVP-Politiker, twitterte dazu: „Die ›Elite‹, die sich zum Teil in Sonntagsreden gegen die frühe Trennung ausspricht, hat kein Interesse, den Status Quo zu ändern, solange die eigenen Kinder gut durch die Selektion kommen.“ Zudem würden Beispiele aus anderen Ländern zeigen, „wie erfolgreich sich eine ›elitäre‹ Minderheit politisch gegen Bildungsreformen wehren kann … elitär schlägt egalitär bei Umfragen und Wahlgängen … allein das ist Zeichen eines #Bildungsnotstands …“
Die #Selektion ist früh abgeschlossen, mit etwa drei Schuljahren sind die Fronten im großen ganzen abgesteckt.« #PeterBichsel
Danke @gerold_rie für diesen Beitrag zu einer Diskussion, die heute von der Politik nicht mehr wirklich geführt wird … Warum?— Kurt Fischer 🇦🇹 🇪🇺 🇺🇦 (@FischerKurt) January 15, 2023
Die Selektion ist nicht nur von Noten abhängig, sondern auch vom Glück. Genauer: vom Wohnort. Beziehungsweise davon, ob sich Gymnasien in der Nähe befinden und wieviele Zehnjährige aufgenommen werden können. Das zeigt ein Blick in die Statistik.
Es wird kaum so sein, dass Kinder in Wien zweimal klüger sind als in Tirol und Vorarlberg. Der Anteil der Gymnasiasten in der fünften Schulstufe ist dort mit 53 Prozent aber ziemlich genau zweimal höher als in den beiden westlichen Bundesländern, in denen er 27 Prozent beträgt. 70 Prozent besuchen hier die Mittelschule (ehemals Hauptschule).
Traditionell hoch ist der Anteil der Gymnasiasten auch in Kärnten (42 Prozent). Das hat damit zu tun, dass dort schon vor Jahrzehnten entsprechende Angebote geschaffen wurden. SPÖ-geführte Bundes- und Landespolitik hatte sich im Sinne von Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) darum bemüht.
Doch auch in Kärnten besucht eine Mehrheit der Zehnjährigen die Mittelschule (55 Prozent). Wobei die Frage nicht ist, welcher Anteil optimal wäre, sondern ob es ihren Fähigkeiten und Talenten entspricht – und dass das Urteil darüber, das für den bildungsabhängigen Lebensweg relevant ist, eben sehr früh fällt.
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