ANALYSE. Zur Bewältigung der großen Krise kommen von Österreich wieder einmal keine Beiträge zur Rettung der Union. Im Gegenteil.
Wenn Innenpolitik die Europapolitik bestimmt und vor allem von einer „europakritischen“ Klientel ausgeht, dann schaut sie folgendermaßen aus: In einer Flüchtlingskrise redet man von einer gemeinsamen Sicherung der Außengrenze, lehnt eine solidarische Aufteilung von Geflüchteten jedoch ab. Im Allgemeinen halte man Brüssel vor, „uns“ mit zu viel Bürokratie und noch mehr Regelungen zu bevormunden. Und weil diese Haltung gerade von österreichischer Seite, wo Bürokratie dem Gefühl nach erfunden wurde, ein bisschen seltsam wirkt, fügt man hinzu, dass der „Hausverstand“ in der EU wieder den Ton angeben müsse. Sprich: Die EU soll nur das regeln, was nötig ist und alles andere, wenn überhaupt, dem Subsidiaritätssprinzip folgen lassen. Das klingt immer gut. Vor allem, wenn nie konkretisiert wird, wie das jetzt konkret gemeint ist.
In der nunmehrigen, der Gesundheits- und Wirtschaftskrise, tut man alles, damit sich diese noch stärker zu einer ebensolchen für die Europäische Union auswächst. Wobei man sich immer so verhält, dass es zunächst ein bisschen „gut“ wirkt: Wir wollen keine Schuldenuninon bilden. Und wir wollen nicht, dass unsere Steuergelder in dubiosen Kanälen verschwinden; also verhindern wir, dass sie sinnlos in gewissen Staaten versickern, „die in ihren Systemen kaputt sind“.
Dass insbesondere Italien und Spanien, die jetzt am Dringendsten Unterstützung brauchen, auf diese Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hin nicht explodiert sind, ist bemerkenswert. Andererseits: Was sollen sie tun? Sie müssen sich vom Chef eines Landes demütigen lassen, das leider auch für „Ibiza“ steht. Oder für undurchsichtige Parteienfinanzierungen. Oder für Postenschacher, der so weit geht, dass mutmaßlich die Ausschreibung für eine entscheidende Führungsfunktion im staatsnahen Bereich für einen ganz bestimmten Vertrauensmann zurechtgerichtet wird.
Aber das führt jetzt zu weit. Der Punkt ist: Natürlich muss man aufpassen, wie viel Geld man zur Krisenbewältigung aufstellt; gerade weil es um hunderte Milliarden Euro geht. Und selbstverständlich sind Transparenz und Kontrolle notwendig – wie sie, nebenbei bemerkt – in Österreich ganz offensichtlich nicht existieren (sonst hätten Beamte des Finanzministeriums keinen Hilferuf für eine parlamentarische Kontrolle von Coronahilfen abgesetzt, wie sie es laut „Kleiner Zeitung“ getan haben).
Gerade aber wenn man sorgsam umgehen möchte mit den unglaublichen Geldmengen, tritt man nicht zur Zerstörung Europas an, sondern eher für eine Stärkung: Man „vergemeinschaftet“ möglichst viel, was damit zusammenhängt – im Wissen, dass man selbst Kontrolle abgibt, aber auch im Wissen, dass man dafür auch ein bisschen mehr Kontrolle über andere gewinnt.
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