Unverbindlich, widersprüchlich

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ANALYSE. Wer ist für Asylpolitik verantwortlich, wie ist das jetzt mit der „Balkanroute“? Es ist bemerkenswert, womit Sebastian Kurz und Co. nicht nur durchkommen, sondern noch immer erfolgreich sind.

Mit Ausnahme der wenigen Monate, in denen es ab dem Sommer 2019 eine Übergangsregierung gegeben hat, bestimmen seit mehr als 20 Jahren Mitte-Rechts- oder rechtspopulistische Parteien und Politiker über das Innenministerium das österreichische Asyl- und Fremdenwesen. Überwiegend handelt(e) es sich dabei um Vertreterinnen und Vertreter der ÖVP, 2018/19 wurde das Ressort vom heutigen FPÖ-Chef Herbert Kickl geführt. Insofern kann man sich wundern, wie leicht es ihnen gemacht wird, sich immer wieder aus der Verantwortung zu drücken. Im Fall Leonie sei allein das Bundesverwaltungsgericht, das derzeit dem „grünen“ Justizministerium zugeordnet ist, schuld daran, dass es zu keinen Abschiebungen gekommen sei. Motto: Wir haben alles richtig gemacht.

Unter Sebastian Kurz ist die neue ÖVP seit vier Jahren besonders erfolgreich damit, sich als die Kraft zu inszenieren, die für eine konsequente Asyl- und Fremdenpolitik sorge. Bemerkenswert ist jedoch, dass sie das gerne auch so macht, dass ein allfälliges Scheitern nicht ihr angelastet werden kann. Im Wahlprogramm 2019 wird etwa versprochen, „illegale Migration weiter zu bekämpfen“, dies jedoch in Verbindung mit einer „Reform des Asylsystems auf europäischer Ebene“ gebracht. Das ist billig: Die Erfahrung lehrt, dass dort eher nichts zustande kommt; zu unterschiedlich sind die Vorstellungen einzelner Mitgliedsländer.

Die Sache ist durchschaubar: Der Verweis auf diese Ebene ermöglichst es, die Forderung nach einer Verschärfung des Asylsystems schier endlos lange wiederholen zu können. Es ist davon auszugehen, dass sie von „der EU“ nie erfüllt werden wird. In gewisser Weise erinnert das an eine Art Perpetuum mobile.

Ein ganz anderes Muster ist es, Dinge zu behaupten, wie’s gefällt: Einmal dies, um einen vermeintlichen Erfolg vorgeben zu können, einmal ungeniert das glatte Gegenteil davon, um sich als drängende Kraft für angeblich Notwendiges zu inszenieren. Beispiel „Balkanroute“. Im Wahljahr 2017 warb Sebastian Kurz damit, „die Balkanroute geschlossen zu haben“. Viele hätten gesagt, dass das unmöglich sei. „Wenige Wochen später war klar, dass das der richtige Weg ist.“ Im Übrigen „garantiere“ er, Kurz, dass es zur Flüchtlingspolitik der EU werde, Migranten in die Herkunfts- und Transitländer zurückzubringen, so die „Kleine Zeitung“ in einem Bericht.

Im März 2020 bekräftigte ÖVP-Innenminister Karl Nehammer, die Balkanroute sei „geschlossen“. Laut „Presse“ verwies er dabei auf die enge Zusammenarbeit mit Ungarn und den Staaten in der Region. Wenig später kündigte er ungeachtet dessen eine internationale Plattform an, die Migration auf der Balkanroute koordinieren solle; im heurigen Frühjahr berichtet er gar von „80.000 Migranten auf der Balkanroute“ und das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat nun Zurückweisungen an der Grenze ohne individuelle Prüfung des Schutzbedarfs gemäß Genfer Flüchtlingskonvention verurteilt: All das ist entlarvend; es dürfte nicht passieren, wenn die Route geschlossen wäre.

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