Asyl- verdrängt Klimapolitik

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BERICHT. Prioritäten, die Menschen in Österreich für die EU sehen, sagen viel aus über die Innenpolitik.

„Innenminister plant neue Verschärfung für Asyl“, ist eine Schlagzeile, die seit Jahrzehnten geht. Tag für Tag. Die „Krone“ hat sie nach einem Gespräch mit dem derzeitigen Amtsinhaber Gerhard Karner (ÖVP) gerade wieder gebracht. Man müsste jetzt nachschauen, ob es sie zum Beispiel auch schon unter Ernst Strasser (ÖVP) genau so gab, bei dem Karner Anfang der 2000er Pressesprecher war. Gefühlsmäßig war es der Fall.

Es gibt allenfalls Phasen, in denen das Thema mehr, und Phasen, in denen es weniger präsent ist. Seit zwei, drei Jahren ist ersteres der Fall – und das kommt an bei den Leuten. „Migration und Asyl“ hat „Klima und Umweltschutz“ für sehr viele Österreicherinnen und Österreicher von der Prioritätenspitze verdrängt. Das zeigen Umfragen, die die Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) in den Bundesländern gerade durchführen ließ im Hinblick auf die EU-Wahl.

Beispiel Niederösterreich: Für 56 Prozent der 600 Befragten hat dort eine gemeinsame EU-Migrations- und Asylpolitik hohe Priorität. Das sind um zwei Prozentpunkte mehr als vor drei Jahren. Bemerkenswert: Auch der Anteil derer, für die die Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich ganz wesentlich ist für die Europäische Union, hat – wohl aufgrund der Teuerungskrise – zugenommen, aber „nur“ auf 52 Prozent.

Noch bemerkenswerter: Klima- und Umweltschutz hat heute für gerade einmal 39 Prozent der Niederösterreicherinnen und Niederösterreich hohe Priorität. Das sind um 21 Prozentpunkte weniger als vor drei Jahren. Damals hatte es sich um 60 Prozent gehandelt.

Niederösterreich ist hier als Beispiel angeführt, weil es das Bundesland mit den meisten Wahlberechtigten bei der Europawahl ist. Doch auch in Wien ist es ähnlich: Auch dort sehen die relativ meisten hohe Priorität für Migration und Asyl (60 Prozent) – und auch dort ist der Anteil der Nennungen für Klima- und Umweltschutz um 21 Prozentpunkte eingebrochen, allerdings von 68 auf 47 Prozent.

Vielleicht ist Klimapolitik hier ein Opfer multipler Krisen, von Corona bis Teuerung, jedenfalls entspricht es aber auch der Politik. Vor drei Jahren unterstützte die ÖVP unter Sebastian Kurz noch eine CO2-Bepreisung, heute bereut sie dies und spricht lieber von Verbrennungsmotoren. Grüne tun sich hier ungleich schwerer, etwas durchzusetzen.

Bei den ÖGfE-Befragungen, die das „Market“-Institut erstellt hat, fällt auch auf, dass Sicherheit und Verteidigung einen geringen Stellenwert haben, wenn man bedenkt, dass in Europa Krieg herrscht. Eine stärkere Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsländer in diesem Bereich hat in Niederösterreich für lediglich 45 Prozent hohe Priorität, die Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Angriff zu unterstützen für 21 Prozent. Für wesentlich mehr, nämlich 25 Prozent, hat es eine mittlere, für 46 Prozent eine niedrige Priorität.

Auch das ist nachvollziehbar: Es gibt in Österreich keine ernsthafte Auseinandersetzung über Sicherheit, Verteidigung, geschweige denn Neutralität.

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