Wie für ÖVP und FPÖ fast alles geht

ANALYSE. Wohl nur über einen Ausbau der direkten Demokratie werden sich größere Veränderungen für die künftig sehr wahrscheinlich regierenden Parteien durchsetzen lassen. Das dann aber wirklich.

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ANALYSE. Wohl nur über einen Ausbau der direkten Demokratie werden sich größere Veränderungen für die künftig sehr wahrscheinlich regierenden Parteien durchsetzen lassen. Das dann aber wirklich.

Auch Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) können nicht zaubern. Wollen sie etwas verändern, brauchen sie gewisse Möglichkeiten dazu. Kurz hat sich diese in seiner Partei gleich zum Amtsantritt gesichert. Und zwar nachhaltig: Erstens, Ländervertreter gewährten ihm Freiheiten bei den Listenerstellungen. Zweitens, Vorreihungen durch Vorzugsstimmen wurden erleichtert. Damit ist schon einmal eine Zusammensetzung der Parlamentsfraktion zustande gekommen, die eher den Vorstellungen des Bundesparteiobmannes entspricht als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Im Übrigen darf Kurz quasi allein die Koalitionsverhandlungen zu Ende führen und sowohl die inhaltlichen als auch die personellen Fragen fixieren. Grenzen werden aber schon heute sichtbar: Das Gewicht der Wirtschafts- und Bauernvertreter in der ÖVP ist nach wie vor sehr groß; also lässt sich die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern nicht so einfach streichen. Auch die Landesparteiorganisationen haben weiterhin sehr viele Abgeordnete im Hohen Haus sitzen, über die sie Dinge, wie eine Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen, blockieren können. Und überhaupt: Größere Staatreformen bedürfen in den beiden Kammern des Parlaments einer Zweidrittelmehrheit. Sprich: Im Nationalrat müssen z.B. die Neos mitspielen und im Bundesrat Sozialdemokraten. Sonst geht sich das nicht aus.

Eine Möglichkeit, diese Hürde zu überwinden, ist, die repräsentative Demokratie zu schwächen – und die direkte zu stärken. Ja, das wäre sehr wahrscheinlich sogar der einzig wirkungsvolle Hebel für Schwarz-Blau, spürbare Veränderungen jedenfalls durchzubringen.

„Direkte Demokratie“ auf Österreichisch ist eher etwas, was Parteien dient. Zu Kampagnenzwecken.

Was dafür spricht: Die FPÖ würde zwar viel weiter gehen und schon verhältnismäßig kleine Volksbegehren, die vom Gesetzgeber ignoriert werden, automatisch in bindende Volksabstimmungen überführen lassen. Was Kurz in seinem Demokratiepaket schon vor fünf Jahren skizziert hat, geht aber ebenfalls in diese Richtung. Ein Kompromiss wird also keine Hexerei sein.

Die Hürde „Parlament“ ist im Falle eines Ausbaus der direkten Demokratie bewältigbar: Dagegen, dass die Bürger in Zukunft das Wort haben sollen, lässt sich schwer argumentieren. Nicht, dass es keine Gründe geben würde; im Gegenteil, zum Funktionieren einer direkten Demokratie gehört sehr viel, wie das beliebte Beispiel Schweiz zeigt (informierte Bürger etc.). Unterm Strich aber wird wohl immer der Hinweis auf das Volk als Souverän siegen. Anders ausgedrückt: Schon eine Abstimmung über eine „Demokratiereform“ werden Kritiker schwer verhindern können. Auch das Ergebnis ist absehbar.

„Direkte Demokratie“ auf Österreichisch ist im Übrigen eher etwas, was Parteien dient. Zu Kampagnenzwecken. Siehe Volksbefragung zur Wehrpflicht 2013, die nichts anderes als ein rot-schwarzer Schaukampf war. Umso wirkungsvoller können solche Instrumente nach einem entsprechenden Ausbau für Parteien werden, die ohnehin eine Mehrheit repräsentieren und wie ÖVP und FPÖ (voraussichtlich) gemeinsam regieren: Sie können so fast alles durchbringen. Vor allem, wenn an der Spitze ein Mann wie Sebastian Kurz steht, dessen größtes Talent es ist, entscheidende Massen zu gewinnen.

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