ANALYSE. ORF und Private sollen „die österreichische Identität“ pflegen. Und dafür gibt es finanzielle Steuerungselemente: Warum mit der Medienenquete eine gefährliche Drohung verbunden ist.
Dafür, dass er Medienminister ist, hat Gernot Blümel (ÖVP) den ORF in bemerkenswerter Art und Weise dem Koalitionspartner überlassen. Zu all den Angriffen von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Co. ist kein kritisches Wort von ihm überliefert. Steckt Strategie dahinter? Mit der Medienenquete der Bundesregierung ist nun eine gefährliche Drohung für die übrigen Medien verbunden: Die „österreichische Identität“ soll gesichert werden. Klingt nach einem öffentlich-rechtlichen Auftrag für alle. Und einem Versuch, sämtliche Medien auszurichten.
Großes Anliegen kann Blümel der ORF nicht sein. Sonst hätte er Sätze wie diese nicht einfach so stehen lassen:
- „Es gibt einen Ort, an dem Lügen zu Nachrichten werden. Das ist der ORF“, so Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.
- „Auch von den Auslandskorrespondenten werden wir ein Drittel streichen, wenn diese sich nicht korrekt verhalten“, so ORF-Stiftungsrat und Ex-FPÖ-Chef Norbert Steger.
- „Der ORF schafft es tatsächlich, in der ZIB1 über den Transitgipfel in München zu berichten, ohne den Verkehrsminister zu erwähnen. Ob ich für Zwangsgebühren bin? Nein!“, so Verkehrsminister und FPÖ-Vizechef Norbert Hofer.
Wenig spricht dafür, dass sich Gernot Blümel nach all diesen Aussagen nicht getraut hat, etwas zu sagen. Eher steckt also wirklich ein gewisses Kalkül dahinter: Der ORF wird demnach zusammengestutzt; da kann es nicht schaden, wenn Freiheitliche den schmutzigeren Teil erledigen. Und wirklich: Laut Regierungsprogramm soll eine „digitale Vermarktungsplattform der österreichischen Medienlandschaft (ORF und Private)“ gegründet werden. Das geht in Richtung einer Forderung, die Hofer im Präsidentschaftswahlkampf 2016 erhoben hat: „Wer einen Beitrag bringt, der im öffentlichen Interesse liegt, gute Nachrichtensendungen, gute Dokumentationen oder vielleicht eine Veranstaltung zum Behindertensport, der soll eine Unterstützung bekommen.“ Im Endeffekt würde das darauf hinauslaufen: Weniger ORF, mehr Private.
Was man nicht vergessen sollte: Staatliche Medienförderung ist ein sehr politisches Steuerungselement.
Viel Grund zur Freue haben die Privaten allerdings nicht. Im Gegenteil. Die Medienenquete definiert als die wesentliche Frage, um die es gehen soll, diese: „den Medienstandort Österreich zu stärken und die österreichische Identität in der (digitalen) Medienwelt der Zukunft zu sichern“.
Das ist eine gefährliche Drohung: Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass Medien die österreichische Identität pflegen. Wie diese auszusehen hat, definiert letzten Endes naturgemäß sie; was einer inhaltlichen Vorgabe gleichkommt. Wobei es freiem Journalismus natürlich auch in Zukunft offensteht, etwas anderes zu pflegen, demokratische Verhältnisse etwa. Das Problem ist jedoch, dass staatliche Medienförderung in Österreich (erstens) ein so großes Volumen hat; und (zweitens) über öffentliche Inserate zu einem so großen Teil auf politischer Willkür beruht, dass das ein echtes Steuerungselement ist, das immer sehr wirkungsvoll sein wird.