ANALYSE. In einem ersten Schritt plant die Regierung eine Entlastung, die durch die kalte Progression wieder verschwinden wird. In einem zweiten Schritt soll die Ökologisierung kommen, die für viele teuer werden muss.
„Hört endlich auf, von einer Entlastung zu reden“, ist man geneigt, Bundeskanzler, Vize und Finanzminister mitzuteilen, um es höflich auszudrücken: Mit dem kommenden Jahr soll die Lohnsteuer im Sinne kleiner und mittlerer Einkommen gesenkt werden. Das ist jedoch nur kurzfristig gut. Weil die kalte Progression allen Wahlversprechen zum Trotz bleiben soll, wird im Laufe der Zeit von dieser vermeintlichen Entlastung immer weniger übrig bleiben, bis am Ende überhaupt alles weg ist.
Der jüngsten Lohnsteuerstatistik, die die Statistik Austria herausgegeben hat, kann man den Effekt der kalten Progression sehr, sehr eindrucksvoll entnehmen: Die Bruttobezüge steigen immer, selbst in Krisenzeiten wie Ende der 2000er Jahre. Das Aufkommen der einbehaltenen Lohnsteuer steigt fast immer noch stärker; nur in Jahren, in den mit diesen Entlastungen ernst gemacht wird, geht es zurück.
Nachfolgende dieSubstanz.at-Grafik stellt diese Entwicklung seit dem Jahr 2010 dar. Das Lohnsteueraufkommen hat seither meist locker um zwei Prozentpunkte stärker zugenommen als die Bruttobezüge. Ausnahme: 2016 kam es im Zuge der Steuerreform zu einem regelrechten Lohnsteuereinbruch (minus 10,8 Prozent). Bemerkenswert ist jedoch, dass sich die beiden Summen über all die Jahre sehr, sehr ähnlich entwickelt haben: Sie sind um jeweils etwas mehr als 30 Prozent gestiegen. Sprich: Von einer richtigen Entlastung kann in diesem Zeitfenster keine Rede sein. Da ist nichts geblieben.
Die Geschichte geht jedoch weiter: Wenn von der Lohnsteuerreduktion, die ursprünglich ja auch z.B. Teil des grünen Ökosteuerkonzept war, nichts übrig bleibt, was dann? Dann wird es schwer, eine aufkommensneutrale Gesamtreform durchzuführen bzw. eher unmöglich die Steuer- und Abgabenquote unterm Strich wirklich spürbar zu reduzieren.
Grund: Ökologisierung bedeutet vor allem auch Belastung klimaschädlicher Güter und Verhaltensweisen. Autofahren bzw. Benzin, geschweige denn Diesel (Dieselprivileg!) muss etwa ganz schön teurer werden, damit es zum gewünschten Effekt kommt.
Das kann man natürlich durch einen Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel und eine „Ökologisierung“ des Pendlerpauschale kompensieren. Allein: Zumindest mit letzterem werden wohl eher nur die Spritpreiserhöhungen für die Leute wettgemacht, die wenig Geld haben und mit dem Auto pendeln müssen.
dieSubstanz.at spricht Sie an? Unterstützen Sie dieSubstanz.at >