Neue Arbeitsmarktkrise

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ANALYSE. Die Entwicklung der Stellenandrangsziffer verdeutlicht, wie es zunehmend auf einen Arbeitskräftemangel hinausläuft – und sich die Mobilisierung nicht allein auf Arbeitslose beschränken sollte.

Vor einem Jahr hat man sehr eindrucksvoll zeigen können, dass es für Arbeitslose schwer ist, einen Job zu finden: Österreichweit kamen im August 2020 auf eine offene Stelle 5,6 Personen, die beim AMS vorgemerkt waren. Im Jahr zuvor hatte es sich um diese Zeit um 3,7 gehandelt. Umso bemerkenswerter ist, dass es heute nur noch 2,5 sind. Zumindest theoretisch ist es also einfacher, einen Job zu finden als vor der Coronakrise.

Zahlen sind jedoch relativ. Am einfachsten lässt sich das anhand der Stellenantragsziffer nach Bundesländern darstellen. Sie ist zwar überall niedriger als vor zwei Jahren, zum einen sind die Rückgänge jedoch ebenso unterschiedlich wie es ihr nunmehriges Niveau ist. In Wien gibt es noch immer 7,1 Arbeitslose je gemeldeter offener Stelle. Das ist ein außerordentlich hoher Wert; er ist nach wie vor höher als er österreichweit im Sommer 2020 war.

Extrem niedrig ist die Stellenandrangsziffer in Oberösterreich und Salzburg mit 1,1. Viel weniger geht kaum, muss doch berücksichtigt werden, dass Angebot und Nachfrage auseinanderklaffen können – in Bezug auf Branche, Qualifikation etc. Ein Pilot ohne Job hat zunächst nichts davon, wenn qualifiziertes Gesundheitspersonal gesucht wird. Einer alleinerziehenden Mutter bringt es nichts, wenn nur eine Tätigkeit in den frühen Morgenstunden möglich wäre. Sprich: Es ist oft, aber bei weitem nicht immer eine Frage der Bereitschaft.

Bemerkenswert ist im Übrigen, wie sich die Arbeitsmarktverhältnisse gegenüber 2019 geändert haben: Zuletzt gab es kaum noch mehr Arbeitslose als im damaligen August. Die Zahl der Beschäftigten ist in etwa gleich hoch wie damals. Extrem stark zugenommen hat die Zahl der offenen Stellen mit einem Plus von fast 40 Prozent.

Vor diesem Hintergrund geht es nicht nur um eine Mobilisierung Arbeitsloser, also AMS-Klienten, sondern auch anderer Gruppen: Geringfügig- und/oder Teilzeitbeschäftigte beispielsweise. Oder die weitgehend ignorierte „Stille Reserve“, der Menschen angehören, die sich aus unterschiedlichen Gründen ganz vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben. Ihre Zahl ist im vergangenen Jahr vorübergehend um mehr als die Hälfte auf 155.000 gestiegen.

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