ANALYSE. In der Krise verabschiedet sich ÖGB-Präsident Katzian von seiner fünf Jahre alten Forderung nach 1700 Euro. Motto: Weniger ist besser als nichts. Ein Präjudiz.
Man kann sagen, ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sei ein pragmatischer Mann: Er passt seine Forderungen den Möglichkeiten an. Vor fünf Jahren schon hat er einen Mindestlohn von 1700 Euro gefordert. Damals war er noch Chef der Privatangestellten (GPA).
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sicherte sich bei der letzten Nationalratswahl sein Wohlwollen, indem sie die Forderung ins Wahlprogramm schrieb: „Gerechte Löhne, denn in Österreich soll jede und jeder gut von seiner Vollzeitarbeit leben können“, heißt es in einer Zusammenfassung: „Daher: 1700 Euro Mindestlohn.“ Und zwar steuerfrei.
Pikant: Dem Tariflohnindex entsprechend müsste ein Mindestlohn von 1700 Euro vom 1. Jänner 2015 laut Statistik-Austria-Rechner heute schon 1904 Euro betragen. Aber das ist jetzt nur eine Nebensache. Der Punkt ist: In der Krise sehen sich auch Gewerkschafter wie Katzian gezwungen, alte Forderungen über Bord zu Werfen. In der Not geht auch weniger.
Zur Rettung der Fluglinie „Laudamotion“ haben sie sich mit einem Mindestlohn von 1440 Euro für Flugbegleiter begnügt. Klar, das ist viel mehr als ursprünglich angeboten wurde (1000 Euro), aber eben auch weit unter dem 1700 Euro, die offenbar nicht drinnen waren.
Das ist ein Präjudiz. Einfacher werden die Zeiten möglicherweise nicht in absehbarer Zeit. Verhandler, die Gewerkschaftern gegenübersitzen, wissen nun, was geht. Zumal es von Katzian laut ÖGB-Website ausdrücklich „Applaus“ für den „Laudamotion“-Abschluss gab, er demnach also sehr zufrieden war.
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