ZAHLEN ZUM TAG. Dass der ÖVP-Plan, Druck auf die Kirche auszuüben, bekannt geworden ist, ist zumindest unangenehm für Kurz und Co: Es trifft einen großen Teil der eigenen Wählerschaft.
Die Aufforderung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an den damaligen Finanzministeriums-Generalsekretär Thomas Schmid, einem Vertreter der katholischen Bischofskonferenz „Vollgas“ zu geben, ist offenbar nicht spontan erfolgt. Darauf lässt ein „Österreich“-Bericht schließen: U-Ausschuss-Unterlagen sei zu entnehmen, dass das Kanzleramt vom Finanzministerium schon im Vorfeld des Ereignisses im März 2019 eine Auflistung „aller steuerlichen Begünstigungen im Zusammenhang mit Religionsgemeinschaften“ erbeten habe. Möglicher Hintergrund: Kirchenvertreter sollten unter Druck gesetzt werden, Kritik an der Flüchtlingspolitik zu unterlassen.
Dass das nun öffentlich geworden ist, ist zumindest unangenehm für Kurz und Co.: Ihre Anhängerschaft ist zu einem sehr großen Teil katholisch. Das zeigt eine Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut GfK Austria im Rahmen der Nationalratswahl 2017 durchgeführt hat; Fritz Plasser und Franz Sommer haben die Ergebnisse im Buch „Wahlen im Schatten der Flüchtlingskrise“ erwähnt.
Von den regelmäßigen Kirchgängern wählten vor vier Jahren 65 Prozent die neue ÖVP von Sebastian Kurz. Das waren zweimal mehr als in der gesamten Wählerschaft (31,5 Prozent). Zum Vergleich: Bei der SPÖ und mehr noch bei der FPÖ war es umgekehrt; mit 14 bzw. zehn Prozent kamen diese beiden Parteien bei den Kirchgängern auf wesentlich geringere Anteile als insgesamt (26,9 bzw. 26 Prozent).
Allerdings: Es gibt immer weniger Katholiken und vor allem Kirchgänger. Im Übrigen wächst die Volkspartei gerade unter Kurz in anderen Segmenten. Die 65 Prozent der sonntäglichen Messbesucher, die 2017 für die Türkisen votierten, machten nur 26 Prozent aller ÖVP-Wähler aus. Anfang der 1990er Jahren bildeten sie noch eine Mehrheit von über 50 Prozent. Das macht das „Vollgas“ nicht un-, aber etwas weniger schädlich.
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