Trumpistisch

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ANALYSE. Gerade in Bezug auf Recht bzw. Flucht und Migration unterscheidet sich österreichische Politik nicht stark genug von der des US-Präsidenten.

US-Präsident Donald Trump sieht das Verbrechen in Washington auf dem Vormarsch. Die offiziellen Zahlen der Sicherheitsorgane geben das nicht her, im Gegenteil, aber Trump muss so tun, als ob; er muss das, weil er eine Legitimation dafür konstruieren muss, Soldaten in der Hauptstadt aufmarschieren zu lassen und die örtliche Polizei der Kontrolle des Bundes zu unterstellen. Dafür braucht er einen Vorwand.

Derlei gibt’s auch in Österreich: Um den Familiennachzug für Asylberechtigte, bei dem es um nichts weniger als das Menschenrecht auf Familienleben geht, stoppen zu können, haben ÖVP, SPÖ und Neos erklärt, dass ein Notstand herrsche, also die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht mehr gewährleistet sei.

Daran wird man womöglich in vielen Jahren noch zurückdenken: Dann nämlich, wenn ein allfälliger Kanzler Herbert Kickl (FPÖ) eher nur so regieren wird mit Hilfe ergebener Nationalratsabgeordneter. Behauptete Notstände werden ihm als vermeintliche Legitimation dafür dienen, durchzugreifen und Recht auszuhebeln. Der Fantasie ist keine Grenze gesetzt. Redefreiheit zum Beispiel? Im Falle eines „Notstands“ nicht! Und so weiter und so fort.

In Bezug auf Trump und Washington ist die Sache ebenso durchschaubar wie in Bezug auf die österreichischen Regierungsparteien und den Familiennachzug. Wobei auch der Hinweis auf Integrationsprobleme keine Rechtfertigung hergibt: Es existiert kein Notstand. Punkt.

Es hat in den vergangenen Jahren massiven Familiennachzug gegeben, der insbesondere in Wien das Schulsystem überfordert hat, das aber ist längst dabei. Seit der Einführung von DNA-Tests zur Feststellung einer Familienzugehörigkeit sind die Zahlen eingebrochen, ist die Sache de facto erledigt, wird politisch aber weiter betrieben.

Was nichts besser macht. Im Gegenteil.

Trump pfeift auf Recht, für Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat es nicht den Stellenwert, den es für einen Mann wie ihn haben sollte in einem Rechtsstaat. Das hat er in Bezug auf Abschiebungen nach Syrien gerade wieder gezeigt: Es sei „keine Überraschung“, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine solche gestoppt hat, sagt er.

Das lässt den Schluss zu, dass er sie im Zweifel durchführen wollte. Ein Unding: Wenn man aufgrund der Verhältnisse in Syrien Zweifel haben muss, kann man eine Abschiebung dorthin nicht durchführen. Sonst nimmt man die Möglichkeit von Menschenrechtsverletzungen in Kauf, als wär’s nix.

Es ist eine Verkehrung dessen, was rechtsstaatlich geboten ist. Auch wenn es um Straftäter oder Leute geht, die man nicht haben will. In der Schweiz zum Beispiel ist das klar. Das dortige Staatssekretariat für Migration erklärt, warum das Land keine Abschiebungen nach Syrien durchführt: „Dies, weil die unklare politische Situation als Folge des Machtwechsels derzeit noch keine fundierte Lagebeurteilung zulässt.“

Die politische Situation in Syrien sei nach wie vor unübersichtlich und die weiteren Entwicklungen seien schwer abschätzbar. Erforderlich wäre „in jedem Fall eine grundlegende oder tiefgreifende Veränderung nachhaltigen Charakters, aufgrund derer angenommen werden darf, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht“. Die Situation müsse „als demokratisch, rechtsstaatlich, menschenrechtskonform, stabil und dauerhaft“ angesehen werden können.

Was in Bezug auf Syrien noch nicht möglich sei – aber Karner egal ist.

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