Oster-Erlass 2.0

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ANALYSE. Eine geplante Änderung des Epidemiegesetzes lässt tief blicken: In Österreich wird noch immer ein Notstand praktiziert und auf Recht gepfiffen.

Wie schnell die Zeit vergeht: Vor einem Jahr steuerte Österreich auf den ersten Lockdown zu. Die Bundesregierung sah sich zu so weitreichenden Beschlüssen gezwungen, dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Juristen aufforderte, sie nicht überzuinterpretieren. Höhepunkt war ein sogenannter „Oster-Erlass“. Gerade an den Feiertagen sollten auch private Zusammenkünfte in privaten Räumen nur erlaubt sein, wenn daran „nicht mehr als fünf Personen teilnehmen, die nicht im selben Haushalt leben“. Wenig später wurde das von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zurückgenommen. Der Protest war zu groß, die staatliche Grenzüberschreitung zu weitreichend.

Heute dauert nicht nur die Pandemie noch immer an. Es wird nach wie vor ein Notstand praktiziert und auf Recht gepfiffen. Davon zeugt ein Begutachtungsentwurf für eine Änderung des Epidemiegesetzes. Vom Geist her erinnert es an eben jenem Oster-Erlass. §15 soll nicht mehr nur Möglichkeiten schaffen, gegen ein „Zusammenströmen von Menschenengen“ vorzugehen, sondern schlicht gegen „Veranstaltungen“. Schlimmer: Als Veranstaltungen sollen ausdrücklich auch „Zusammenkünfte von zumindest vier Personen aus zumindest zwei Haushalten“ gelten.

Das ist wesentlich heftiger als der Oster-Erlass: Erstens geht es hier um ein Gesetz; und zweitens ist der Kreis ja noch dazu auf weniger Personen beschränkt. Der einzige Unterschied besteht daran, dass mit dem Erlass konkret ernst machen sollte; und dass hier „nur“ eine Möglichkeit dafür geschaffen werden soll, ernst zu machen. Das macht die Sache aber nicht besser.

Bemerkenswert ist zudem, mit welcher Geschwindigkeit das Epidemiegesetz verschärft werden soll. Vom Verfassungsdienst des Kanzleramts immer wieder eingemahnt wird eine Begutachtungsfrist von sechs Wochen. Gerade bei sensiblen Materien ist das nicht zu wenig: Hier würde es darauf ankommen, dass sie von qualifizierten Instanzen geprüft und kommentiert werden. Im vorliegenden Fall ist jedoch nur eine einwöchige Begutachtungsfrist vorgesehen, vom 3. bis zum 9. März nämlich.

Kommentar: Das kann nicht ernst gegenüber dem Recht gemeint sein. Auch nach einem Jahr soll es mir nichts, dir nichts der Politik folgen. Das ist eine dieser demokratischen Zumutungen.

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