ANALYSE. Wenn das Coronavirus überstanden ist, sollte das „Epidemiegesetz 1950“ auf die Höhe der Zeit gebracht werden. Zumal es unter Umständen notwendige und sehr weitreichende Zwangsmaßnahmen vorsieht.
Wer in die Welt von gestern eintauchen will, lese das „Epidemiegesetz 1950“. Zahlreiche Novellen im Laufe der letzten Jahrzehnte haben Spuren der Geschichte nicht ganz tilgen können. Was den Eindruck vermittelt, dass es der Politik trotz wachsender Risiken, die zum Beispiel mit der Globalisierung einhergehen, weniger wichtig gewesen ist.
Damit kein Missverständnis entsteht: Gut möglich, dass das geltende Epidemiegesetz nach wie vor ausreichend ist. Irgendwie halt. Bei der Lektüre fällt jedoch auf, dass es aus einer Zeit stammt, in der vieles noch ganz anders war.
Was eher eine Kleinigkeit ist, ist, dass in der geltenden Fassung einmal ein „Bundesminister für Gesundheit und Frauen“ angesprochen ist und ein anderes Mal, der „für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister, Familien und Jugend“ (inklusive Beistrichfehler). Aber das ist fast schon lässlich, zumal sich die Zuständigkeiten ja mit jeder Regierungsbildung ändern.
Schon bei der Auflistung der Personen, die zur Anzeige verpflichtet sind, wird noch deutlicher, dass ein Update angesagt wäre. Da ist etwa vom „Leiter einer Anstalt“ die Rede. Oder von Inhabern von „Gast- und Schankgewerben“. Oder von den Vorstehern öffentlicher und privater Lehranstalten und Kindergärten“. Diese Begriffe sind entweder nicht mehr gebräuchlich oder unzureichend. Krippen fehlen etwa. Mittlerweile würde man daher von Kinderbetreuungseinrichtungen reden.
Das Epidemiegesetz ist sehr weitreichend: Er sieht Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem „Auslande“ genauso vor wie für Bewohner bestimmter Ortschaften; oder „Vorschriften in Bezug auf Verkehrsanstalten im Inlande“. Darunter werden „Eisenbahnen, Binnenschiff(f)ahrtsunternehmen, Flöße usw.“ angeführt. Im Gesetz enthalten ist auch die allenfalls nötige „Absonderung Kranker“, was man im 21. Jahrhundert wohl eher als „unter Quarantäne stellen“ bezeichnen würde.
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