Wer braucht einen Tausender?

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ANALYSE. „1000 Euro für alle“ sind nicht nötig. Viele haben mehr Geld als vor der Krise, der Konsum hat sich bereits normalisiert. Besser wären mehrere tausend Euro im Sinne derjeniger, die’s wirklich brauchen.

Die SPÖ fordert einen „Österreich-Scheck“, die FPÖ einen „Österreich-Tausender“: Alle sollen demnach 1000 Euro bekommen, um allfällige Nöte überwinden zu können, vor allem aber, das Geld auszugeben und die heimische Wirtschaft damit wieder in Schwung zu bringen. Ist das jedoch erforderlich?

Eine Diskussion wäre spannend, zumal es nicht nur Argumente dafür, sondern auch dagegen gibt. Erstens: Die Wirtschaft kommt gerade wieder in Schwung. Die Nationalbank hat vor wenigen Tagen beispielsweise festgestellt, dass es nach Öffnung von Gastronomie- und Freizeitbetrieben im Mai zu einem Anstieg der privaten Konsumausgaben gekommen sei. Ja: „Inflationsbereinigt erreichten die Ausgaben der heimischen Haushalte im Inland wieder das Vorkrisenniveau.“

Nicht wenige Menschen haben sehr viel Geld übrig: Im vergangenen Jahr haben die österreichischen Haushalte extrem viel zur Seite gelegt; zur Sicherheit und ganz einfach auch, weil es sich aufgrund der Beschränkungen so ergab – Winterurlaube waren ebenso unmöglich wie Restaurantbesuche. Laut Statistik Austria wurden (netto) 31,9 Milliarden Euro gespart. Das waren um 12,5 Milliarden Euro mehr als 2019.

Das verfügbare Einkommen aller Haushalte sank dagegen von 222,3 auf 218,2 Milliarden Euro. Der Rückgang ist durch Kurzarbeitsleistungen und vieles andere mehr begrenzt worden. Ganz verhindert werden konnte ein solcher aber nicht. Sprich: Es gibt auch Menschen, die verloren haben.

Das ist aber nicht die Masse: Laut einer Untersuchung der Uni Wien erklärten zuletzt 14 Prozent der 18- bis 30-Jährigen, 20 Prozent der 30- bis 65-Jährigen und neun Prozent der über 65-Jährigen, finanziell nur sehr schwer oder schwer über die Runden zu kommen. Wobei auch die Veränderungen gegenüber einer vergleichbaren Erhebung im Jahr 2018 erwähnt werden: Einen Anstieg gab es unterm Strich ausschlich bei 30- bis 65-Jährigen (von 15 auf 20 Prozent). Bei Jüngeren gab es einen leichten, bei Älteren sogar einen deutlichen Rückgang. Wobei möglicherweise auch hier gilt: In der Krise brauchte man eher weniger Geld. Hart war und ist sie für all jene, die sich nicht einmal das Nötigste leisten konnten und können.

These: Mit einem Tausender für alle wird wenig erreicht, besser wären mehrere Tausender – auch für nachhaltig wirkungsvolle Maßnahmen – für die, die’s brauchen. Es gibt sie – und sie sind auch zahlreicher geworden. Die Zahl der beim AMS vorgemerkten Langzeitbeschäftigungslosen war im Mai mit knapp 190.000 beispielsweise noch immer um fast ein Drittel höher als vor der Krise bzw. im Mai 2019. Und überhaupt: Laut WIFO wird sich die Arbeitslosigkeit erst 2025 wird normalisiert haben.

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