Sozialversicherungen: Mehrfach gelähmte Gewerkschaft

ANALYSE. Warum es dem ÖGB unmöglich ist, wirkungsvoll gegen die Regierungspläne vorzugehen. 

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ANALYSE. Warum es dem ÖGB unmöglich ist, wirkungsvoll gegen die Regierungspläne vorzugehen.

Selbstverständlich kritisieren ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und viele seiner Mitstreiter die Sozialversicherungsreform, die soeben den Ministerrat passiert hat; sie tun das zum Teil sogar heftig. Allerdings: Wirklich wirkungsvoll sind sie dabei nicht. Genauer: Wirklich wirkungsvoll können sie nicht sein. Das liegt an eigenen Versäumnissen in der Vergangenheit, vor allem aber an der Zusammensetzung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Nicht wenige können ebendort sogar sehr zufrieden sein mit dem Reformvorhaben.

Die Bundesregierung kratzt an der Selbstverwaltung. Na und? Ja, sie verdrängt ziemlich viele Arbeitnehmervertreter aus den Führungsgremien des Sozialversicherungsträger. Macht das was? Man muss schon Insider sein, um die Problematik zu erkennen. Der Masse haben die Arbeitnehmervertreter die Bedeutung der Selbstverwaltung in den vergangenen Jahrzehnten nicht bewusst gemacht. Gefühlt weiß daher auch kaum jemand, dass sie eine wichtige Rolle in diesem Gefüge spielen. Also ist es der Regierung ein Leichtes, reinzufahren und „Funktionärsposten“ zu streichen.

Der allgemeine Problembewusstseinsmangel ist jedoch nur ein Teil der Geschichte: Der ÖGB ist die Summe der Gewerkschaften. Und das lähmt ihn doppelt:

  • Bei der Sozialversicherungsreform geschont wird die ÖVP-nahe Gewerkschaft öffentlicher Dienst. Das ist kein Zwerg. Im Gegenteil: Die GÖD zählt immerhin eine Viertel- des insgesamt 1,2 Millionen Mitglieder. Und sie hat eher keinen Grund, sich zu beklagen: Werden bei übrigen Trägern die Dienstnehmervertreter entmachtet, bleiben sie in der Sozialversicherung der öffentlich Bediensteten, Eisenbahner und Bergbau-Beschäftigten gegenüber den Dienstgebern dominierend (vgl. Hintergrund dazu).
  • Doch auch die SPÖ-nahe Gewerkschaft vida, in der insbesondere die Gemeindebediensteten versammelt sind (Vorsitzender: SPÖ-Wien-Gemeinderat Christian Meidlinger) hat summa summarum keinen Grund zur Klage. Im Gegenteil: Die Krankenfürsorgeanstalten (KFA) für die Landes- und Gemeindebediensteten (z.B der Stadt Wien) werden bei der Reform überhaupt ausgeklammert; die privilegierte Stellung dieser Krankenversicherungsträger bleibt damit erhalten (vgl. Hintergrund dazu).

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