ANALYSE. 76 Prozent der Männer sind im ersten Halbjahr nicht in die normale Alterspension gegangen. Der Handlungsbedarf ist groß.
ÖVP und Grüne werden die Hacklerregelung abschaffen. Wobei die Bezeichnung irreführend ist, sofern man unter einem „Hackler“ einen Arbeiter versteht, der ein Berufsleben lang körperlich gefordert ist: Es schafft wohl kaum die Voraussetzung, nämlich 45 Beitragsjahre, um abschlagsfrei (ab 62) in eine Art Frühpension gehen zu können. Doch das ist eine andere Geschichte.
Der Punkt ist: Über die Langzeitversichertenregelung haben sich von Jänner bis Juni 2020 die meisten Männer zur Ruhe gesetzt. Laut einer Anfragebeantwortung von Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) handelte es sich um 28 Prozent. Auch andere Sonderregelungen waren gefragt bzw. gefordert, weil die Ansprüche ganz offensichtlich erfüllt worden waren: 20 Prozent gingen in die Invaliditätspension, 19 Prozent in die Korridorpension und sieben Prozent in die Schwerarbeiterpension. In Summe sind das 76 Prozent.
Und das wiederum heißt im Umkehrschluss, dass nur eine Minderheit von 24 Prozent der Männer in die normale Alterspension gegangen sind. Bei Frauen, denen sie nicht erst mit 65, sondern ab 60 zusteht, handelte es sich um 82 Prozent. Bei ihnen entfielen im Übrigen lediglich 13 Prozent auf die Hackler- und fünf Prozent auf die Schwerarbeitspension.
Das ist schlecht: Auch wenn man davon ausgeht, dass sehr viele Menschen früher in Pension gehen müssen, sollte man das nicht so bleiben lassen, sondern sich überlegen, was notwendig ist, damit sich das ändern kann. Gerade auch aufgrund der Coronakrise: Schon davor ist das Finanzministerium davon ausgegangen, dass allein die Pensionsausgaben von heuer bis 2035 um eineinhalb Prozent des BIP zunehmen werden.
Das klingt nach wenig, ist jedoch extrem viel. Vor allem für eine nachfolgende Generation, die diese Finanzierung schultern muss und die durch die Coronakrise ohnehin schon weitere Herausforderungen bekommen hat, um es vorsichtig zu formulieren. Die Rede ist etwa von stark getrübten Karriere-, geschweige denn Job-Einstiegsperspektiven, die letzten Endes auch die Einkommensverhältnisse trüben.
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