ANALYSE. Die Zusammenlegung stoppt vor parteipolitisch geprägten Standesgrenzen. Zum Nachteil von Arbeiter und Angestellten.
„7,2 Millionen Österreicher bleiben bestens versichert“, wirbt die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), die aus der Fusion der Gebietskrankenkassen mit 1. Jänner 2020 hervorgeht. Der Slogan ist nicht ganz korrekt; es würde noch besser gehen.
Bei der Zusammenlegung der Sozialversicherungen sind ÖVP und FPÖ vor Standesgrenzen zurückgeschreckt. Und zwar schon aus parteipolitisch naheliegenden Gründen: Fusioniert wurden die eher roten Gebietskrankenkassen (zur ÖGK eben). Daneben sind drei mehr oder weniger eigenwillige Konstruktionen übrig geblieben: Die ÖVP-dominierte Sozialversicherung der Selbstständigen (bisher SVA, künftig SVS), die die Bauern schluckt; sowie die ebenfalls ÖVP-dominierte Beamten-Versicherung (BVA), die die „roten“ Eisenbahner übernimmt. Geradezu dubios sind daneben noch die Krankenfürsorgeanstalten für Mitarbeiter einzelner Länder und Gemeinden (darunter Wien), zu denen es nicht einmal präzise Versicherten-Zahlen gibt.
Die ÖGK hat in diesem Gefüge einen grundsätzlichen Wettbewerbsnachteil. Was heißt einen? Es sind mehrere Nachteile: Erstens, sie hat Versicherte, die im Schnitt weniger verdienen als etwa Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Zweitens, diese Versicherten können arbeitslos werden. Allein die WGKK hat über 100.000 Arbeitslose in ihren Reihen. Für diese bekommt sie naturgemäß relativ wenig. Dasselbe gilt für Asylwerber, die sie ebenfalls versorgen darf; womit wir beim dritten Punkt angelangt wären. Die WGKK wies in den vergangen Jahren rund 20.000 Asylwerber in ihren Statistiken aus.
Diese Nachteile machen es der ÖGK naturgemäß etwas schwerer, attraktive Verträge mit Ärzten und anderen Gesundheitsdienstleistern abzuschließen. Womit die Nachteile wiederum auf die Versicherten zurückfallen – sie können von einer Krankenversicherung für alle weitern nur träumen, die echte, standesübergreifende Solidarität gewährleistet.
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