BERICHT. Laut Rechnungshof wissen auch Bauernvertreter „augenscheinlich nicht, was sie mit ihrem vielen Geld tun sollen“. Und die kampagnenfreudige Wirtschaftskammer?
Der Regierungsauftrag an die Arbeiterkammer ist unmissverständlich: Sie muss in den nächsten Tagen ein Sparprogramm vorlegen, sonst werden ihr die Pflichtbeiträge gekürzt, die Arbeitnehmern abgenommen werden. Für Wirtschafts- und Bauernkammer ist nichts dergleichen vorgesehen. Das ist erstens bemerkenswert und zweitens nicht besonders klug: Es bringt die Sozialpartner gegeneinander auf und spätestens nach einem Regierungswechsel könnte sich das rächen. Dass es, wenn schon, denn schon, nämlich auch bei diesen Kammern einen ordentlichen Handlungsbedarf geben würde, ist jedenfalls offensichtlich.
Darüber kann Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nicht hinwegtäuschen. Zur Frage, ob sich auch die Bauernkammer reformieren müsse, erklärte sie in den „Vorarlberger Nachrichten“ und in der „Tiroler Tageszeitung“ wörtlich: „Der Reformfokus muss viel stärker bei jenen Kammern liegen, die augenscheinlich nicht wissen, was sie mit ihrem vielen Geld tun sollen. Das ist in der Landwirtschaftskammer nicht der Fall. Sie hat sich sehr stark als Servicekammer für die Bauern etabliert.“
Tatsächlich? Angesichts der eher kontraproduktiven Werbekampagne der Wirtschaftskammer für die Arbeitszeitflexibilisierung könnte man meinen, auch sie wisse nicht, was sie mir ihrem vielen Geld tun soll. Doch bleiben wir zunächst bei den Bauern.
Man müsse davon ausgehen, dass der Bauernkammer über die vereinbarten Leistungen hinausgehend Kosten ersetzt wurden. (Kleine Zeitung)
Zumal es um die Transparenz eher schlecht bestellt ist, ist man auf die wenigen Rechnungshofberichte angewiesen, die es gibt. Das Ergebnis ist ernüchternd. Anfang Juni berichtete die „Kleine Zeitung“ etwa von einem Prüfbericht zur steirischen Landwirtschaftskammer. Geldflüsse würden demnach kritisch gesehen. Zitat: „So leistet das Land an die Kammer jährliche Zahlungen von über 12 Millionen Euro, um Beratungen abzugelten, die die Kammerexperten für das Land durchführen. Diese Geldflüsse sind politisch seit langem umstritten. Im Zuge der Prüfung sagte Agrarlandesrat Hans Seitinger (ÖVP) in einer Stellungnahme, es könne „ausgeschlossen werden“, dass das Land zu viel bezahle. Die Prüfer sehen das aber anders. Sie schreiben im abschließenden Prüfbericht: Aufgrund der hohen Summen müsse man davon ausgehen, dass der Bauernkammer „über die vereinbarten Leistungen hinausgehend auch Kosten für im eigenen Wirkungsbereich getätigte Beratungsleistungen ersetzt wurden“.“
Ähnliches hat die „Tiroler Tageszeitung“ vor zwei Jahren aus Tirol berichtet: Eine Pauschalabgeltung des Landes von immerhin 72 Dienstposten mit jährlich 5,8 Millionen Euro war demnach „nicht mehr zu rechtfertigen“.
Ist’s bei der Wirtschaftskammer besser? Schwer zu sagen.
Ist’s bei der Wirtschaftskammer besser? Schwer zu sagen. Dagegen spricht ein Rechnungshofbericht zur WKO-„Service–GmbH zur Abwicklung folgender Geschäftszweige: Außenwirtschaft Austria – Betreuung im Ausland durch die AußenwirtschaftsCenter, Mitgliederservice (Adressenservice und Publikationen) sowie Veranstaltungsservice.“
Die Service-GmbH verfügte laut Rechnungshof 2011 über liquide Mittel von rund 685.000 Euro. Das habe zwei Drittel der Bilanzsumme entsprochen: „Der überaus hohe Anteil an liquiden Mitteln gemessen an der Bilanzsumme war wirtschaftlich nicht gerechtfertigt, weil die Erbringung der Serviceleistungen keine über den Zahlungsbedarf hinausgehende zusätzliche Veranlagung von liquiden Mitteln erforderte.“
„Die Steuerung der finanziellen Gebarung war nicht ausreichend.“ (Rechnungshof)
Abgesehen davon hielten die Prüfer unter anderem dies fest: „Die Steuerung der finanziellen Gebarung der Service–GmbH primär über das jährliche Finanzbudget war nicht ausreichend. Eine darüber hinausgehende mehrjährige mittelfristige Finanzplanung lag nicht vor. Das vorhandene Kostenrechnungssystem lieferte keine ausreichenden Informationen über die Effizienz der Leistungserstellung der Service–GmbH und war daher ebenfalls nur eingeschränkt für eine wirtschaftlich effiziente Steuerung der Service–GmbH geeignet.“
„Der hohe Gemeinkostenanteil ließ auf mögliche Ineffizienzen schließen.“ („Rechnungshof)
Würde das in der Privatwirtschaft durchgehen? Wie auch immer. Es geht noch weiter: „Rund zwei Drittel des eingesetzten Leistungspotenzials von rd. 20.000 Stunden pro Jahr rechnete die Service–GmbH als Gemeinkosten ab. Lediglich ein Drittel der Gesamtkosten war direkt Aufträgen bzw. Projekten der Service–GmbH zuordenbar. Der hohe Gemeinkostenanteil ließ auf mögliche Ineffizienzen bei der Leistungserbringung, auf Schwächen bei der Leistungserfassung sowie auf einen zu hohen Overheadkostenanteil schließen.“
>> dieSubstanz.at zur Politik bekommen Sie auch per Mail. Regelmäßig. Gratis >> Zum Newsletter