Was von der „Achse der Willigen“ geblieben ist

ANALYSE. Verlorenes Österreich: München hat sich selbst abgemeldet, Rom geht viel zu weit – mit beiden ist so oder so nichts mehr Vernünftiges zu machen.

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ANALYSE. Verlorenes Österreich: München hat sich selbst abgemeldet, Rom geht viel zu weit – mit beiden ist so oder so nichts mehr Vernünftiges zu machen.

Abgesehen davon, dass die Formulierung an schlimme Zeiten in der Vergangenheit erinnerte, erweist sich die „Achse der Willigen“, die Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Deutschlands Innenminister, CSU-Chef Horst Seehofer im Frühjahr angekündigt haben, als Totgeburt. Nicht einmal das Ende von Angela Merkel (CDU) als Regierungschefin darf sie erleben; und gegen sie war sie ja auch gerichtet.

Die Achse kann aus vielen Gründen nicht funktionieren. Es klappt zwischen den Partnerländern sowie zumindest in einem selbst nicht; ein weiterer verbietet von sich aus jegliche Zusammenarbeit.

Doch eines nach dem anderen: Achsenköpfe waren Kurz und Seehofer sowie der italienische De-Facto-Ministerpräsident Matteo Salvini. Also Österreich, Bayern und Italien. Wo soll man anfangen:

  • Österreich bringt seinem südlichen Nachbarland Italien größtmögliches Misstrauen in der Flüchtlingspolitik entgegen. Da mag Italien noch so rigoros und wirksam gegen weitere Flüchtlinge vorgegangen sein, ja die Mittelmeerroute in seinem Einflussbereich geschlossen haben, die rot-weiß-roten Grenzkontrollen am Brenner und anderswo bleiben. Das ist keine Grundlage für eine Partnerschaft.
  • Im Übrigen belastet Österreich die bilateralen Beziehungen mit Italien, indem Teile der Regierung (die FPÖ) auf einer Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler bestehen.
  • In Deutschland mag Horst Seehofer als CSU-Chef so tun, als hätte es die bayerische Landtagswahl 2018 nicht gegeben. Sie war jedoch nicht nur eine Absage an die Alleinherrschaft seiner Partei, sondern vielmehr noch ein Votum gegen seine Flüchtlingspolitik. Das geht nicht nur aus dem Wahlergebnis an sich hervor, sondern auch aus diesem Ergebnis der Wahltagsbefragung: 70 Prozent gaben laut „infratest dimap“/ARD an, die CSU habe sich „zu sehr auf Flüchtlingspolitik konzentriert und andere Themen vernachlässigt“. Das hat im Übrigen ausgerechnet auch den grünen Erzfeinden der Christlich-Sozialen zu einem Triumph verholfen. Soll heißen: Auf Seehofer kann nicht mehr gebaut werden.
  • In Italien entwickelt Salvini zunehmend ein System, das der Apartheit gleicht, das er einst schon mit seinem Ruf nach einer Trennung von In- und Ausländern in der Mailänder U-Bahn propagiert hat. „In Lodi, einer 50 000-Einwohner-Stadt in der Lombardei (Norditalien) müssen seit Schuljahresbeginn viele der 300 Grundschüler aus Familien mit Migrationshintergrund getrennt von ihren italienischen Freunden essen“, berichte die deutsche Boulevardzeit „Bild“ empört über das, was sie als „Italiens Nationalschande“ bezeichnet: Wer per Dokumenten aus seinem Heimatland nicht nachweisen kann, dass er wirklich arm ist, bekommt kein ermäßigtes Schulessen mehr. Für den eidgenössischen „Blick“ führt Salvinis Lega damit die Apartheit ein. Nüchterner, aber nicht weniger ernüchternd, fällt der Bericht der FAZ dazu aus.  

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