Stockers Hammer-Ansage

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ANALYSE. Der Bundeskanzler peilt eine Inflationsrate von zwei und ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent an. Der Boulevard jubelt. In Wirklichkeit steht es für die neue Bescheidenheit.

Österreich ist so klein. Da fällt es auf, wenn der Regierungschef aus dem Urlaub zurück ist und zwei Boulevardmedien Interviews mit einer Botschaft gibt; „Österreich – oe24“ sowie „Heute“. Christian Stocker mache eine „Hammer-Ansage“ schreibt dieses. In seiner Berichterstattung verwendet es den Begriff „Hammer“ allerdings so oft, dass ihm selbst nicht auffällt, wie entwertet er ist. Aber sei’s drum: Stocker kündige „seine neue 2-1-0-Formel“ an, lässt das Blatt wissen.

„2“ steht für eine Senkung der Inflationsrate auf zwei Prozent. Ähnlich hatte sich schon SPÖ-Chef Andreas Babler im ORF-Sommergespräch gehäußert. Es steht für die neue Bescheidenheit: Die beiden könnten ihre Arbeit einstellen und die Dinge laufen lassen. Aus heutiger Sicht wird es dazu kommen. Laut Nationalbank wird der Harmonisierte Verbraucherpreisindex nach drei Prozent heuer im kommenden Jahr gar nur 1,8 Prozent betragen, also auf weniger als zwei Prozent sinken.

Wobei: Stocker will den Österreich-Aufschlag, also den erhöhten Preis bekämpfen, den internationale Hersteller für kleine Märkte wie den hiesigen verlangen. Er sei nicht mehr bereit, ihn hinzunehmen und erwarte ein Verbot durch die EU, so der Kanzler. Geht man davon aus, dass die Inflation auch mit diesem Aufschlag auf weniger als zwei Prozent sinken wird, wie die Nationalbank prognostiziert, dann müsste sie es ohne diesen noch viel mehr, nämlich weiter Richtung eineinhalb Prozent, tun.

„1“ steht für das Wirtschaftswachstum, das Stocker erreichen möchte. Der Begriff „Erreichen“ ist auch in diesem Fall irreführend. Es könnte auch ohne sein Zutun dorthin gehen. Laut Nationalbank ist so oder so mit 0,9 Prozent im kommenden Jahr und 1,1 Prozent 2027 zu rechnen.

Ambitioniert wäre es, ein Wachstum von rund eineinhalb Prozent im kommenden Jahr anzustreben. Dann wäre es nicht mehr unterdurchschnittlich im Euro-Raum. Aber das wäre sehr ambitioniert, zumal die Möglichkeiten, so schnell wirkungsvolle Impulse zu setzen, aufgrund der budgetären Schwierigkeiten begrenzt sind. Im Übrigen würde das Risiko damit einhergehen, zu scheitern. Und das kann sich diese Regierung, kann sich Stocker nicht leisten.

„0“ steht für ebenso viel bzw. wenig Toleranz „gegenüber allen, die unsere Demokratie gefährden“. Beispielhaft angeführt werden von Stocker in „Heute“ jene, die muslimisches Recht – in welchen Zusammenhang auch immer – anwenden sowie jene, die im „Scharia-Urteil“ kein politisches Problem sehen.

Das könnte auf eine Schwerpunktverlagerung hindeuten: Vor dem Sommer hat Stocker laut „Standard“ die Demokratie „sturmfest“ machen wollen. Niemandem solle es möglich sein, dass er „durch die Institutionen dieser Republik geht und die Menschen vor die Türe setzt oder zusperrt““, erklärte er damals. Womit er zweifellos Herbert Kickl (FPÖ) gemeint hat, dem er im Februar auch aus diesem Grund den Zugang zum Kanzleramt verwehrt haben will.

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