ANALYSE. Der Umgang mit dem ORF und Steuermillionen für Inserate in ausgewählten Medien sind vor allem eines: politisches Bemühen um gefälligen Journalismus.
Die Gebührenfinanzierung dürfte dem ORF bleiben. Vor allem die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat sich via Ö1-Abendjournal zu deutlich gegen eine Steuerfinanzierung ausgesprochen, wie sie von Freiheitlichen gefordert wird. Allzu groß sollte die Erleichterung darüber nicht sein: So oder so ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu sehr abhängig von der Politik.
Ein grundsätzlicher Systemfehler, der gegen unabhängigen Journalismus gerichtet ist.
Um bei Mikl-Leitner zu bleiben: Gerade in Niederösterreich, wo es keine klassische „Landestageszeitung“ gibt, kommt dem ORF eine extrem wichtige Rolle zu. Für Mikl-Leitner einerseits und für die Bürger, die informiert werden wollen, andererseits. Umso bedenklicher ist, dass die Chefs der Landesstudios noch immer nach dem Wohlgefallen des jeweiligen Landeshauptmannes oder in Niederösterreich eben der Landeshauptfrau ausgewählt werden. Das ist ein grundsätzlicher Systemfehler, der gegen unabhängigen Journalismus gerichtet ist.
Aber natürlich: Ein steuerfinanzierter ORF wäre noch schlimmer. Dass letzten Endes immer die parlamentarische Mehrheit und damit die Regierung bestimmt, wieviel Euro fließen, ist ein schlechtes Argument. Es macht einen Unterschied, ob Geld – in Form einer Gebühr – zweckgebunden ist; oder ob es aus dem allgemeinen Steuertopf de facto mit jedem Budget und jedem Jahr aufs Neue neu vergeben wird. Bei letzterem herrscht immer eine gewisse Unsicherheit. Vor allem in Krisenzeiten, wenn der Finanzminister hinten und vorne nicht mehr über die Runden kommt und vor die Entscheidung gestellt ist, wo er nun kürzen soll und könnte.
Dazu kommt bei der Steuerfinanzierung dies: Schon allein die Motive der FPÖ sind verdächtig. Die Absage an „Zwangsgebühren“ geht in der Regel mit der Klage einher, dass der ORF nicht im Sinne von Vizekanzler, Parteichef Heinz-Christian Strache und Co. berichte. Im Umkehrschluss heißt das logischerweise, dass man den Sender über eine Steuerfinanzierung an die kurze Leine der FPÖ nehmen möchte.
Medienminister Blümel? Andauernd abwesend
Wie auch immer der ORF künftig finanziert wird: Zu vieles hat sich die Politik bereits zurechtgerichtet. In der Vergangenheit unter sozialdemokratischer Beteiligung und heute – in andauernder Abwesenheit des formal zuständigen Medienministers Gernot Blümel (ÖVP) – unter freiheitlicher Führung. Siehe Norbert Steger (FPÖ), der es z.B. trotz (oder wegen?) seiner Ankündigung, nicht genehme Korrespondenten streichen zu wollen, geschafft hat, Vorsitzender des ORF-Stiftungsrates zu werden. Allein das ist aus Sicht des Bürgers, der keine parteifreundliche, sondern eine korrekte Berichterstattung haben möchte, eine Zumutung.
Aus der Sicht des Bürgers ist österreichische Medienpolitik jedoch überhaupt unerträglich: Wenn öffentliche Rechtsträger alles in allem ein Inseratenvolumen von mehr als 170 Millionen Euro im Jahr zusammenbringen, ist das eine Größenordnung, die für das eine oder andere Medium existenzsichernd ist. Anders ausgedrückt: Es ist davon abhängig, zumal die gesetzliche Presseförderung, die Qualität und Vielfalt gewährleisten sollte, mit keinen neun Millionen Euro ein Hohn dagegen ist. Unterm Strich ergibt das jedenfalls eher eine staatliche Unterstützung von Willfährigkeit.
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