Schlicht Plakolm

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BERICHT. Die Integrationsministerin leitet aus nicht aussagekräftigen Studienergebnissen ab, dass es in Österreich ein klares Bekenntnis zum Christentum gebe. Es ist zu billig.

Das Bundeskanzleramt bzw. Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) hat die Studie inklusive Umfrage in Auftrag gegeben und 98.000 Euro dafür bezahlt, das Meinungsforschungsinstitut OGM hat sie erstellt. Titel: „Gemeinsame Grundwerte“. Gleich der erste Satz ist interessant: „Ende 2023 und Anfang 2024 häuften sich in Österreich Medienberichte über problematische parallelgesellschaftliche Tendenzen in Folge der starken Zuwanderung der vergangenen Jahre und Jahrzehnte, was in wachsender Besorgnis über eine Unterwanderung kultureller Grundfesten in Österreich resultierte. Vor diesem Hintergrund gewann die Frage nach gemeinsamen Werten und der Definition dessen, was als kulturell verbindend gelten kann, verstärkt an politischer und gesellschaftlicher Relevanz.“

Interessant ist das, weil es auch genau umgekehrt gewesen sein könnte: In jene Zeit fielen jedenfalls auch intensivere Bemühungen der ÖVP um eine Wertedebatte bzw. Vorstöße des damaligen Bundeskanzlers Karl Nehammer (ÖVP), eine „Leitkultur“ zu definieren. Vielleicht hat das zu gehäuften Medienberichten geführt? Man kann nur spekulieren, Genaueres erschließt sich nicht aus dem Papier.

Dafür aber liest Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) bei der Präsentation der Studie ein „klares Bekenntnis zum Christentum als kulturelles Erbe“ heraus. Sie tut das auf Basis von zwei Feststellungen, die abgefragt worden sind. A: „Das Kreuz im Klassenzimmer ist ein kulturelles Erbe und sollte auch dann aufgehängt werden, wenn die Mehrheit der Schüler keine Christen sind.“ Dem stimmten 79 Prozent sehr oder eher zu. Plakolm: „Ich denke, das unterstreicht einmal mehr, dass es auch ein Symbol des Zusammenhalts ist und auch für unsere Identität steht.“

Feststellung B: „Mir ist wichtig, dass christliche Feste in den österreichischen Schulen und Kindergärten auch dann gefeiert werden, wenn die Mehrheit der Kinder keine Christen sind.“ Dem stimmten 69 Prozent zu. Plakolm dazu: „Das steht für den kulturellen Zusammenhang, das kulturelle Erbe und für die kulturelle Tradition, die auch in Zukunft ihren Platz bei uns in Österreich braucht.“

Hier geht es nicht darum, zu widersprechen, dass das Christentum und die katholische Kirche eine bedeutende Rolle hatten und haben für Land und sehr viele Menschen. Was Plakolm hier zu vermitteln versucht, ist aber schlicht unseriös, es ist der plumpe Versuch, etwas zu konstruieren, was so möglicherweise gar nicht ist.

Es sei nicht unmöglich, dass das wahr sei, schreibt der Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik dazu, dass laut Plakolm bzw. OGM 69 Prozent für das Kreuz im Klassenzimmer sind: „Aber so wie die Frage in der Studie gestellt wurde (einseitiges Framing) wissen wir halt nicht, wie viele es wirklich sind.“

Man könne, so Ennser-Jedenastik weiter, nicht nur ein Pro-Argument („ist ein kulturelles Erbe“) einbauen, „wenn man kein Kontra-Argument zur Balance hat. Dann lieber neutral ohne Argumente formulieren.“

Das wäre, sauber gemacht, wissenschaftlich. Wenn schon, denn schon. Und überhaupt: Weniger denn je könnte es so sein, dass nicht nur Christen finden, dass christliche Feste auch dann gefeiert gehören, wenn zum Beispiel eben in einer Schule die Mehrheit der Kinder keine Christen sind. Erstens: Dieser Ansicht sein kann auch jemand, der einfach nur ein antimuslimisches Signal setzen möchte. Zweitens: Vor allem aber sind die Feste in einem Ausmaß säkularisiert, dass über das Festhalten daran nicht abgeleitet werden kann, dass das Christentum auch nur als kulturelles Erbe gesehen wird. Vielleicht geht es nur um Geschenke oder gemeinsames Feiern. Auch schön, aber etwas anderes.

„Alle Welt redet vom „christlichen Menschenbild“, von „christlichen Werten“ und vom „christlichen Abendland“, aber kaum jemand weiß noch, was eigentlich christlich ist“, sagt Manfred Lütz in einem Blog. Und: Der Begriff Christentum werde in der gesellschaftlichen Debatte gerne verwendet, inzwischen jedoch „völlig beliebig“. Siehe Plakolm.

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