Kalte Progression wird Schwarz-Blau zur Last

ANALYSE. Mit der steigenden Inflationsrate wird die schleichende Steuererhöhung noch weniger zu halten sein.

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ANALYSE. Mit der steigenden Inflationsrate wird die schleichende Steuererhöhung noch weniger zu halten sein.

Dass die „Kalte Progression“ weg muss, war für die ÖVP in der vergangenen Legislaturperiode ganz klar: Dass sich die SPÖ dagegen sträubte, die Einkommensbesteuerung jedes Jahr quasi vollautomatisch an die Inflation anzupassen, wollte sie nicht verstehen. Auch die Freiheitlichen kritisierten das. Doch die Gelegenheit, das jetzt in einer schwarz-blauen Regierung genauso zu machen, nützten sie nicht.

Worüber man sich wundern kann. Oder auch nicht: Ist die „Kalte Progression“ ausgehebelt, gibt es keine schleichende Steuererhöhung mehr. Einerseits. Andererseits kommt so im Laufe der Zeit auch kein Extraspielraum für eine Regierung zusammen, die Steuern zu senken. Und welche Regierung lässt sich schon gerne der Möglichkeit berauben, sich gegenüber den Steuerzahlern großzügig zu erweisen? Keine offenbar.

Im Regierungsprogramm ist die „Abschaffung der kalten Progression“ äußerst vage enthalten. Sie soll erst in einem zweiten Schritt nach einem neuen Einkommensteuergesetz 2020 durchgeführt werden. Was schon einmal verdächtig ist: Wenn das Einkommensteuergesetz ohnehin neu aufgesetzt werden soll, wäre es doch naheliegend, das gleich mitzunehmen. Doch sei’s drum: Im Programm steht nichts Verbindliches. Sondern: „Prüfung der automatischen Anpassung der Grenzbeträge für die Progressionsstufen auf Basis der Inflation des Vorjahres im Rahmen einer Steuerstrukturreform.“

Ob das zu halten ist, ist jedoch fraglich. Zumal der Druck erheblich steigt. Und zwar mit der steigenden Inflation. 2015 und 2016 hatte sie noch 0,9 Prozent betragen. Womit sie kaum spürbar war. 2017 belief sie sich jedoch auf 2,1 Prozent. Was spürbar wird: Das Leben wird „wirklich“ teurer, die Wirtschaft ist mehr oder weniger zu entsprechend höheren Lohnabschlüssen gezwungen – doch diese kommen dann eben nicht voll bei den Arbeitnehmern an. Weil der Finanzminister, um es salopp zu formulieren, mitschneidet.

Ein Beispiel: Wird ein Bruttolohn von 2000 Euro um die erwähnten 2,1 Prozent auf 2042 Euro erhöht, steigt die Lohnsteuer in einem gewöhnlichen Monat um ganze 7,8 Prozent von 155,06 auf 167,10 Euro. Womit netto nicht um 2,1 Prozent mehr auf dem Konto landen (in Summe also 1513,67 Euro), sondern nur um eineinhalb Prozent (bzw. 1504,89 Euro). Sprich: Es entsteht ein Reallohnverlust von 0,6 Prozent. Was bescheiden klingen mag, sich für den Finanzminister jedoch auszahlt: Im Schnitt brachte ihm die Kalte Progression zuletzt rund 400 Millionen Euro zusätzlich – pro Jahr.

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