Fragwürdige Medienpolitik

ANALYSE. Die Förderung von Gratismedien führt zu einem Wettbewerbsnachteil für Bezahlmedien. Das ist schlecht für den unabhängigen Journalismus. 

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ANALYSE. Die Förderung von Gratismedien führt zu einem Wettbewerbsnachteil für Bezahlmedien. Das ist schlecht für den unabhängigen Journalismus.

Als Hubert Patterer von der „Kleinen Zeitung“ vor zwei Wochen die Auszeichnung „Chefredakteur des Jahres“ in Empfang nahm, die auf Initiative des Branchenblattes „Der Österreichische Journalist“ vergeben wird, richtete er einen Appell an Verleger und Kollegen: Sie mögen doch nicht alle Inhalte frei zugänglich machen; und wenn sie schon nicht betriebswirtschaftliche Überlegungen dazu bringen könnten, dann doch wenigstens die Selbstachtung. Soll heißen: Journalistische Arbeit hat einen Wert; sie ausschließlich zu verschenken, steht naturgemäß in einem Widerspruch dazu.

Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) war auf der Veranstaltung im Heeresgeschichtlichen Museum im Wiener Arsenal nicht anwesend. Leider. Vielleicht hätten Patterers Worte einen Nachdenkprozess bei ihm ausgelöst, der ihn letzten Endes davon abgehalten hätte, zu tun, was er nun laut dem Nachrichtenmagazin „profil“ vorhat: Die Presseförderung soll erhöht werden und auch Gratismedien zugutekommen. Es gebe ordentliche Journalisten bei allen Medien, wird Drozda zitiert: „Warum diese Jobs weniger förderungswürdig sind als andere, möchte ich nicht argumentieren.“

Dieser Zugang macht die geplante Lösung nachvollziehbar; da kann man dem Minister nicht widersprechen. Die Lösung bleibt jedoch fragwürdig:

  • Eine Förderung von Gratismedien führt automatisch zu einem Wettbewerbsnachteil für Bezahlmedien. Schön zeigen lässt sich das am berühmten Würstelstand, der laut Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in Österreich mehr Steuern zahlt als so mancher Konzern. Angenommen, der Betreiber geht dazu über, seine Ware zu verschenken und sich irgendwie anders zu finanzieren; und angenommen, er wird dafür auch noch gefördert, dann kann sein Mitbewerber, der weiterhin Geld für Frankfurter, Hotdogs und sonstiges verlangt, zusperren.
  • Das Geschäftsmodell eines Gratismediums beruht in der Regel auf Werbung, also Inseraten. In Österreich funktioniert das nicht zuletzt dank großzügiger Schaltungen vor allem von Bundesministerien und der Gemeinde Wien hervorragend. Politisch ist das jedoch fragwürdig, ergeben sich daraus doch – gewollt oder ungewollt – Abhängigkeitsverhältnisse.
  • Journalismus, der sich gar nicht über seine Leser, sondern ausschließlich über Werbung finanziert, hat überhaupt ein Glaubwürdigkeitsproblem. Will er bestehen, kommt er nicht umhin, sich „am Markt“ zu orientieren.

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  • Der Staat kann dieses Problem über Direktförderungen kaum entschärfen. Anders ausgedrückt: Eine gesetzlich geregelte Presseförderung ist zwar besser als Inserate, die von öffentlichen Einrichtungen willkürlich vergeben werden. Ein bitterer Beigeschmack bleibt aber – vor allem, wenn Gratismedien dahinerstehen, die nicht einmal ansatzweise auch unmittelbar von ihren Lesern leben.

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