BERICHT. Geplante Verschärfung von Asyl- und Fremdenrechtsbestimmungen stößt auf massive Kritik: Probleme „weder empirisch noch anderweitig“ nachgewiesen.
„Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen“, zitiert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Charles de Secondat Baron de Montesquieu – und sagt damit in ihrer Stellungnahme zum vorliegenden Begutachtungsentwurf für eine Verschärfung von Asyl- und Fremdenrechtsbestimmungen schon sehr viel über ihre Meinung aus. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) will die Ausweisung von abgelehnten Asylwerbern erleichtern. Wobei das „Wie“ nicht nur bei Amnesty International massive und sehr grundsätzliche Kritik hervorruft.
Das Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte (BIM) greift die Begründung dafür auf, die das Innenministerium für die Verschärfung liefert: „In der Vergangenheit“ hat sich demnach „immer wieder gezeigt, dass Fremde nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens einer damit einhergehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen und in Kenntnis der Verpflichtung in der Fortsetzung des unrechtmäßigen Aufenthalts verharren“. Wobei der „beharrliche unrechtmäßige Verbleib“ dieser Personen nicht zuletzt auch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle.
Annahmen des Ministerialentwurfs, die einer gesamten Personengruppe pauschal unrechtmäßiges Verhalten unterstellen, sind weder empirisch noch anderweitig fundiert.
„Auffällig“ ist nun laut Boltzmann-Institut aber, „dass diese Annahmen des Ministerialentwurfs, die einer gesamten Personengruppe mit ohnehin prekärem Rechtsstatus pauschal unrechtmäßiges Verhalten unterstellen, weder empirisch noch anderweitig fundiert sind. Auch dem BIM liegen keine Studien oder Analysen vor, die diese Position belegen könnten.“
Unmissverständlich auch die Stellungnahme des Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK): „Der ÖRAK verfolgt mit Sorge, dass die Rechtsposition von Asylwerbern in Österreich im Vergleich zu allen anderen Rechtsschutzsuchenden in zahlreichen einzelnen Schritten in den letzten Jahren so massiv verschlechtert worden ist, dass mittlerweile von einem Zweiklassensystem im österreichischen Rechtsschutz gesprochen werden muss. (…) Asylwerber müssen mittlerweile in Österreich in jedem Stadium ihres Verfahrens (und dies zum Teil über Jahre hinweg) damit rechnen, dass ihnen die Bewegungsfreiheit und/oder die persönliche Freiheit genommen wird, dass in ihre verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, des Eigentums u.v.m. eingegriffen wird, sie sind verfahrensrechtlich über weite Strecken vom Subjekt zu einem reinen Objekt degradiert und zudem mit einer Fülle von sich ständig weiter ändernden Regelungen konfrontiert, aus denen ein generelles, massives Misstrauen ihnen gegenüber spricht.“
Die Rechtsposition von Asylwerbern wird insgesamt soweit verschlechtert, dass stellenweise bereits das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt scheint.
Die zahlreichen Änderungen des Fremden- und Asylrechts der letzten eineinhalb Jahrzehnte haben laut Rechtsanwaltskammer „die Rechtsposition von Asylwerbern insgesamt soweit verschlechtert, dass stellenweise bereits das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt scheint.“
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