Zu kurz gedacht

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ANALYSE. Die Zuspitzung auf ein sogenanntes „Kanzlerduell“ mit Kickl mag gut klingen für Nehammer. Bloß: Er gräbt sich damit auch eine Grube.

Die „Kronen Zeitung“ hat den türkisen Spin übernommen und ein Duell zwischen Karl Nehammer (ÖVP) und Herbert Kickl (SPÖ) ausgerufen: „So kämpfen sie ums Kanzleramt“. Verschämt heißt es darüber: „SPÖ-Chef Babler schon jetzt aus dem Rennen?“

Das hätte die Volkspartei gerne: Die Nationalratswahl, eine Volksabstimmung über den Kanzler. Nehammer, so das berechtigte Kalkül, hat durchaus Chancen, sich bei einem solchen durchzusetzen: Kickl ist allenfalls ein Viertel-Volkskanzler. Über 70 Prozent misstrauen ihm, viele würden ihn nie im Leben unterstützen. Nehammer ist, salopp formuliert, weniger unbeliebt, ist für einen Teil der Wählerschaft also das geringere Übel. Wenn es zu einem Duell kommt.

Mehr und mehr müssen sich Nehammer und andere Türkise jedoch mit dem Hinweis auseinandersetzen, dass das Ganze doch vollkommen unglaubwürdig ist. Duell heißt, es darauf hinauslaufen zu lassen, dass es nur einen Sieger und einen Verlierer geben kann. Ja, dass sich beide Seiten von vornherein bereit erklären, das Ergebnis zu akzeptieren. Im Klartext: Nehammer würde Kickl als Kanzler hinnehmen, wenn die FPÖ auch bei der Nationalratswahl auf Platz eins kommt.

Damit kann er seine Ankündigungen, nicht mit Kickl zusammenzuarbeiten, vergessen. Er zeigt sich zu einer solchen Zusammenarbeit bei einem entsprechenden Ausgang des Duells bereit. Natürlich: Er sagt nicht, dass es allenfalls eine blau-türkise Koalition geben wird. Für den Fall der Fälle bringt er sich jedoch in eine Zwangslage: Er gesteht Kickl das Kanzleramt zu, sofern die FPÖ stärkste Partei wird. Und er wird dann, wenn es darauf ankommt, Wort zu halten, schwer sagen könnten, Kickl solle sich bei Sozialdemokraten, Grünen und Pinken um die nötige Mehrheit auf parlamentarischer Ebene bemühen, die ÖVP wolle nichts damit zu tun haben.

SPÖ-Chef Andreas Babler darf sich bedanken: So hat er alle Chancen, noch lange nicht aus dem Rennen zu sein, um die Wortwahl der „Krone“ aufzugreifen. Dieses Duell steht unfreiwillig auch für Blau-Türkis oder Türkis-Blau. Und das sind Kombinationen, die laut einer Umfrage der Zeitung von kaum jemandem gewollt werden. Gegen die sich daher sogar sehr gut mobilisieren lässt – zum eigenen Vorteil.

Nicht nur durch die Sozialdemokratie: Man kann davon ausgehen, dass glaubwürdige Gegenpositionen zu einem Rechtsdruck bei der Europawahl Neos Stimmen gebracht hat und Grüne vor einem größeren Absturz bewahrt hat. Ja, dass ÖVP und FPÖ zusammen im Unterschied zum Urnengang 2019 nicht über 50 Prozent kamen, sondern knapp, aber doch auf weniger zurückfielen (49,9 Prozent).

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