Wie gehabt

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ANALYSE. Mit dem ORF-Reförmchen geht für Neos eine erste Ernüchterung einher: Zusammen mit ÖVP und SPÖ sind keine nachhaltigen Veränderungen möglich. Es wird eher nur das Nötigste gemacht.

Allein der Stil: Dienstagabend widmete sich der zuständige Ausschuss des Nationalrats einem ORF-Reförmchen, das auf der Agenda der Regierungsfraktionen steht. Vorab informiert wurden aber eher nur ausgewählte Medien. „Die hatten den Antrag und wir nicht“, erklärte die geschäftsführende Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer. Der Freiheitliche Christian Hafenecker berichtete, der Antrag sei den Ausschussmitgliedern keine zwei Stunden vor Sitzungsbeginn übermittelt worden. Dazu muss man wissen: Ein Roman liest sich in der Regel leichter.

Ungefähr so ist das schon immer gelaufen. Angesagt war unter Schwarz-Rot-Pink aber „Kein Weiter wie bisher“. Und das hat sich bisher eher nur auf eine andere Öffentlichkeitsarbeit beschränkt. Vergleiche Rhetorik von Kanzler Christian Stocker und seinen Vorgängern Sebastian Kurz, aber auch Karl Nehammer.

In der Sache ist wenig bis nichts passiert. Man muss es so hart formulieren. Beispiel Budgetsanierung. Weiter wie bisher: Kurzfristig wirkende Maßnahmen wie die Abschaffung des Klimabonus und der Bildungskarenz in ihrer bestehenden Form werden ruckzuck umgesetzt. Nachhaltig wirkende Maßnahmen, die eben auch zu einer längerfristigen Budgetsanierung beitragen könnten, bleiben dagegen die Ausnahme.

Von einer Staats- und Verwaltungsreform traut man sich schon gar nicht mehr laut zu reden. Eine Pensionsreform wird eher sogar auf Jahre hinaus verhindert: Menschen, die bereits in Pension sind, sollen einen höheren Krankrenversicherungsbeitrag zahlen. Damit soll auf die Schnelle ein Loch verkleinert werden. Menschen, die erwägen, über die Korridorpension früher in Pension zu gehen, müssen wiederum mit Verschärfungen in den kommenden Jahren rechnen. Das war’s.

Mehr wird eben eher sogar blockiert: 2030 soll die nächste Regierung bei Bedarf beschließen, dass ab 2035 unter der übernächsten Regierung weitere Verschärfungen bei der Korridorpension erfolgen. Eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters ist nicht vorgesehen. Sollte ein künftige Regierung in fünf oder zehn Jahren finden, dass eine solche notwendig ist, wird sie den Reformpfad 2030/2035 der bestehenden Regierung aufheben und einen ganz neuen aufsetzen müssen, damit eine runde Geschichte herauskommt. Anders ausgedrückt: Sie wird einen noch größeren Kraftakt leisten müssen als er ohnehin schon notwendig ist. All jene, die sich auf keine weiteren Veränderungen vor 2035 eingestellt haben, werden dann nicht gut auf sie zu sprechen sein; im Gegenteil.

Und so ist das grundsätzliche Problem auch beim ORF-Reförmchen. „Reförmchen“, weil hier nur das umgesetzt wird, was aufgrund eines VfGH-Erkenntnisses umgesetzt werden muss. Der Medienrechtsexperte Hans Peter Lehofer schreibt nach einer Erstanalyse auf „Bluesky“ etwa: „Die Änderungen in der Gremienzusammensetzung sind wenig aufregend: die Länder bleiben unangetastet, detto die Parteien; die Bundesregierung bestellt weniger (6 statt 9) Mitglieder des Stiftungsrates und muss dafür Interessenten suchen und bei der Bestellung bestimmte Kompetenzen berücksichtigen.“ Wobei letzteres ja schon die Regel sein sollte. Zitat ORF-Gesetz: Bei der Bestellung von Stiftungsräten sei darauf zu achten, dass sie die persönliche und fachliche Eignung für die Funktion aufweisen.

Aber es sei ja noch eine weitere ORF-Reform mit Änderungen auch in Bezug auf den Stiftungsrat vorgesehen; und zwar ausdrücklich im Regierungsprogramm, heißt es von Seiten der Neos. Stimmt. Doch Medienminister Andreas Babler (SPÖ) sagte vor einer Woche entgegen dieser Ankündigung, „dass die ORF-Gremien bei der größeren ORF-Gesamtreform nicht erneut angetastet werden“ (ORF.AT).

Und selbst wenn er das noch korrigieren sollte, zeugt es von einer mangelnden Bereitschaft, den ORF im Allgemeinen und den Stiftungsrat im Besondern insofern zu entparteipolitisieren, als es bei der Nominierung von Mitgliedern strenge Regeln für Bundesregierung, Landeshauptleute und Parteien gibt sowie Mechanismen, die dazu beitragen, dass sich diese Mitglieder nicht mehr fraktionell organisieren, sondern mehr ihrem Wissen und Gewissen und ihrem gesetzlichen Auftrag folgen – was bei Machtpolitikern von Bregenz bis Wien in den Reihen von ÖVP und SPÖ ganz offensichtlich weiterhin unerwünscht ist.

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