ANALYSE. Alles in allem sind die vielen Wahlen, die heuer schon stattgefunden haben, für die FPÖ ernüchternd sowie für ÖVP und SPÖ gar nicht so übel ausgegangen. Das heißt was.
Im vergangenen Jahr hätte man glauben können, die FPÖ von Herbert Kickl gewinne von Wahl zu Wahl höher; ganz egal, ob er antritt oder nicht. Bei der EU-Wahl reichte es mit 25,4 Prozent knapp, aber doch für Platz eins, bei der Nationalratswahl mit 28,8 Prozent schon etwas deutlicher. Bei der steirischen Landtagswahl, dem letzten Urnengang des vergangenen Jahres, räumte sie buchstäblich ab und kam auf 35,8 Prozent. Damit ließ sie die bis dahin führende Volkspartei um rund neun Prozentpunkte hinter sich.
2025, neues Jahr, etwas andere Verhältnisse: Schon die gerade nicht erwähnte Vorarlberg-Wahl im Oktober 2024 hatte gezeigt, dass die ÖVP nicht schier unendlich weit abstürzen muss und dass die FPÖ zwar einen Lauf hat, aber nicht überall viel erfolgreicher ist als zum Beispiel in den 1999er Jahren; hier konnte sie „lediglich“ ihr damaliges Niveau wieder erreichen.
Jetzt, ab Jänner des neuen Jahres, sollte sich erst recht zeigen, dass Freiheitliche nicht immer höher und höher gewinnen auf Kosten von ÖVP und/oder SPÖ: Bei der Burgenland-Wahl reichte es für ihren Vertreter Norbert Hofer nicht für den Posten des Landeshauptmannes. Unter anderem, weil die SPÖ von Amtsinhaber Hans Peter Doskozil mit über 46 Prozent einen überraschend großen Stimmenanteil halten konnte.
In Linz schaffte es FPÖ-Mann Michael Raml zwar in die Stichwahl um das Bürgermeister-Amt, musste sich dort aber mit 22,9 Prozent gegen Amtsinhaber Dietmar Prammer (77,1 Prozent) geschlagen geben. Bei den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen wiederum blieb der – auch aufgrund der Wahlergebnisse der vergangenen Jahre – erwartete Triumph der Freiheitlichen aus. Sie legten zu, in Summe aber nur auf 13 Prozent, während der ÖVP ein Debakel erspart blieb; die Volkspartei verlor von knapp 53 auf rund 47 Prozent.
Bei den Wirtschaftskammer-Wahlen Mitte März wiederum kam der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender zwar auf 13,6 Prozent, vor 25 Jahren aber hatte er mit gut 18 Prozent noch viel mehr erreicht. Und schließlich die Gemeindewahlen in Vorarlberg: In Bregenz räumte mit Michael Ritsch (Bürgermeister) ein Sozialdemokrat ab. In Dornbirn, der mit Abstand größten Stadt des Landes, kam nicht ein Freiheitlicher, sondern zur allgemeinen Überraschung ein Sozialdemokrat in die Stichwahl um die Führung (wobei ein ÖVP-Mann Favorit bleibt). Natürlich: Auch Freiheitliche haben Erfolge erzielt, sind in Feldkirch und Lustenau noch im Rennen ums Bürgermeisteramt – im langjährigen Vergleich besonders blau wird Vorarlberg jetzt aber nicht werden.
Wie kann das alles sein? Offensichtlich ist: Es existiert kein Naturgesetz, wonach Freiheitliche nur zulegen und zulegen. Abgesehen davon kommen hier vielleicht zwei Dinge zum Ausdruck: Wo die FPÖ solide Mitbewerber hat, kann sie nicht abheben. Das hat sich im Burgenland genauso gezeigt wie in Linz, Niederösterreich und Vorarlberg. Es ist umgekehrt auch ein Signal für die Bundespolitik: Kickl ist stark, weil ÖVP und SPÖ zuletzt schwach gewesen sind oder sich selbst schwach gemacht haben; zum Beispiel durch Streitigkeiten. Das könnten sie ändern. Es liegt an ihnen.
Zweitens: In Linz, Teilen Vorarlbergs sowie der Wirtschaftskammer (bzw. bei den jeweiligen Wahlen) wird noch etwas deutlich. Die FPÖ und Kickl punkten eher in ländlichen Regionen und bei Facharbeitern, die Abstiegsängste und -sorgen haben. Hier haken sie ein. In urbanen Räumen und bei Unternehmern etwa kommen sie hingegen deutlich weniger gut an. Das ist ein Problem für sie: So bleibt ihr Potenzial groß, aber begrenzt.
Es erklärt im Übrigen unter anderem, warum die FPÖ wohl auch bei der Wien-Wahl Ende April trotz massiver Zugewinne unter ihren Spitzenwerten in den 1990er (27,9 Prozent) und 2010er Jahren (30,8 Prozent) bleiben wird (Umfragen sehen sei bei 22, 23 Prozent). Und es heißt nicht, dass die Partei von Kickl bei den kommenden Gemeinderatswahlen in der Steiermark (23. März) nicht groß abräumen könnte. Im Gegenteil: Hier geht es um überwiegend ländliche Räume (in Graz wird nicht gewählt) mit desolaten Mitbewerbern. Siehe Zustand von ÖVP und SPÖ in dem Bundesland.