JOHANNES HUBER AUF VIENNA.AT. Wer die Stadt führt, der bestimmt über Tausende Posten in Schulen, Spitälern und anderen Einrichtungen. Und der vergibt vor allem auch Millionenaufträge, von denen Parteiunternehmen profitieren.
Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat es bemerkenswerterweise geschafft, den Tabubruch seiner burgenländischen Freunde vergessen zu machen. Damals, im Juni, waren sich Meinungsforscher und Politologen einig: Dass sich Landeshauptmann Hans Niessl auf Rot-Blau eingelassen hat, werde ihm, Häupl, bei der Gemeinderatswahl am 11. Oktober schaden: Wer blau verhindern will, werde unter keinen Umständen mehr rot wählen, so die plausible Begründung. Heute schaut es ganz und gar nicht danach aus, als würde ihm das etwas anhaben können. Obwohl eine freiheitliche Regierungsbeteiligung auch in der Bundeshauptstadt möglich geblieben ist.
Als schärfster Gegner der FPÖ um Heinz-Christian Strache hat sich über den Sommer ausgerechnet Michael Häupl hervorgetan: Nicht die Grünen mit Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou oder sonst eine Partei, sondern er hat das zustande gebracht. Und zwar in der Flüchtlingsfrage: Häupl ist es gelungen, all jene Wiener am stärksten zu beeindrucken, für die es selbstverständlich ist, dass Syrern, Afghanen und Irakern geholfen werden muss. Nicht einmal jetzt, da seine oberösterreichischen Genossen de facto abgewählt worden sind und der eine oder andere daher einen „harten Kurs“ fordert, hat er sich davon abbringen lassen.
Die Frage ist nicht, ob, sondern wie stark seine Partei verlieren und die FPÖ gewinnen wird.
Doch gewonnen hat Häupl die Gemeinderatswahl damit noch lange nicht. Im Gegenteil: Die Frage ist nicht, ob, sondern wie stark seine Partei verlieren und die FPÖ gewinnen wird. Von der Antwort darauf wird wiederum sehr viel abhängen: Ob er selbst im Amt bleibt; und welche Koalitionen sich ausgehen.
Bleibt die SPÖ vorne und erreichen die potenziellen Partner genügend Stimmen, ist allerlei denkbar: Rot-Grün, Rot-Schwarz oder Rot-Grün-Pink etwa. Fällt die SPÖ hinter die FPÖ zurück, könnte sie mit Hilfe der übrigen Parteien trotzdem auch in Zukunft noch den Bürgermeister stellen. Zweifelhaft ist jedoch, dass der dann Häupl heißen wird.
Auch der Machterhaltungstrieb ist es nicht direkt. Entscheidend ist vielmehr, dass die Partei ohne Stadt vor dem Nichts stünde.
Undenkbar ist jedenfalls, dass die SPÖ keiner Stadtregierung mehr angehören möchte. Weniger, weil sie nicht darauf verzichten könnte, politische Verantwortung zu tragen und etwa sozialen Frieden oder bestmögliche Bildung zu gewährleisten. Auch der Machterhaltungstrieb ist es nicht direkt. Entscheidend ist vielmehr, dass die Partei ohne Stadt vor dem Nichts stünde.
Wer Wien führt, der bestimmt über Tausende Posten in Schulen, Spitälern und anderen Einrichtungen. Und der vergibt vor allem auch Millionenaufträge, von denen auch Parteiunternehmen profitieren. 2013 handelte es sich dabei einem Rechnungshofbericht zufolge um immerhin 11,65 Millionen Euro. Wobei 93 Prozent der Geschäfte an SPÖ-nahe Firmen gingen. Auf solche Dinge verzichten kann keine Partei. Schon gar nicht die Sozialdemokratie, für die das über die Jahrzehnte zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist. Daher würde sie letzten Endes jede Koalition eingehen. Und sei es Blau-Rot unter einem Bürgermeister Strache.