Warum sich die Regierung vor Hofer fürchten muss

ANALYSE. Schon nach seiner Angelobung würden Faymann und Co. ihren Rücktritt anbieten – und der Bundespräsident wäre laut Manfried Welan „verpflichtet“, dem zu entsprechen (auch wenn das bisher nie so gehandhabt worden ist).

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ANALYSE. Schon nach seiner Angelobung würden Faymann und Co. ihren Rücktritt anbieten – und der Bundespräsident wäre laut Manfried Welan „verpflichtet“, dem zu entsprechen (auch wenn das bisher nie so gehandhabt worden ist).

Die Realverfassung hat den Bundespräsidenten zu einem mehr oder weniger machtlosen Moderator und Staatsnotar werden lassen. Der Rechtswissenschaftler Manfried Welan macht in seinem Standardwerk zum Amt („Der Bundespräsident – Kein Kaiser der Republik“) jedoch deutlich, dass er viel mehr könnte – was der Regierung von Werner Faymann (SPÖ) im Falle einer Wahl des freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer das Fürchten lehren muss.

Die Verfassungsreform von 1929, die insbesondere die Direktwahl des Staatsoberhauptes enthielt, hätte laut Welan dazu führen können, dass sich Österreich wie Frankreich zu einer „Präsidentschaftsrepublik“ entwickelt. Amtsinhaber, Parteienkonstellationen und Konventionen hätten das jedoch verhindert. Zumindest bisher.

Natürlich ist der Bundespräsident in den meisten seine Aufgaben auf Vorschläge der Bundesregierung angewiesen; und natürlich kann er sich nicht über die Mehrheitsverhältnisse auf parlamentarischer Ebene hinwegsetzen. Seine Möglichkeiten bleiben jedoch groß.

Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer droht beispielsweise damit, die Regierung zu entlassen: „Wenn die Regierung bei ihrem Kurs bleibt, in der Flüchtlingsfrage, bei der Pflege, der Wirtschaft und den Spitälern, würde ich ein Gespräch mit ihr führen. Wann das nicht taugt, steht am Ende die Entlassung an“, sagte er in einem Interview mit den Vorarlberger Nachrichten. Nun, die Möglichkeit dazu würde im Falle seiner Wahl bald bekommen.

 „Nach dem Wortlaut der Verfassung wäre der Bundespräsident verpflichtet“, dem zu entsprechen. 

Welan weist in seinem Buch, das 1992 erschien, darauf hin, dass der Bundeskanzler gleich nach dem Amtsantritt des neugewählten Bundespräsidenten diesem die Demission der Bundesregierung anbietet. So hat das Werner Faymann auch nach der Wiederwahl von Heinz Fischer 2010 getan. Fischer lehnte jedoch ab; so wie er es schon nach seinem Amtsantritt 2010 getan hat und im Übrigen all seiner Vorgänger bei dieser Gelegenheit praktiziert haben. Welan bezeichnet das als „Theater“, das als „Ausdruck einer Courtoisie der Regierung zu einer Konvention des Verfassungslebens geworden“ sei.

Der Hintergrund ist seinen Ausführungen zufolge jedoch ernst: Der Vorgang erinnere daran, „dass die Regierung nicht nur hinsichtlich ihres Bestehens ständig des Vertrauens des Bundespräsidenten bedarf“. Ja, Welan geht noch einen Schritt weiter: Auch wenn der Kanzler die Demission nach dem Amtsantritt des Bundespräsidenten quasi nur höflichkeitshalber anbietet – „nach dem Wortlaut der Verfassung wäre der Bundespräsident verpflichtet“, dem zu entsprechen.

Hofer müsste demnach nicht erst auf eine Gelegenheit warten, die Regierung zu entlassen; er hätte sogar eine Grundalge dafür, das auf ihren Wunsch hin zu tun.

> Das Buch „Der Bundespräsident – Kein Kaiser der Republik“ ist 1992 im Böhlau erschienen und nach wie vor verfügbar.

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