Wann es Zeit ist, zu gehen

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ANALYSE. Oder: Warum man nachvollziehen kann, dass Peter Kaiser in Kärnten die Funktion des Landeshauptmannes noch nicht an Daniel Fellner abgegeben hat.

Den SPÖ-Vorsitz hat Peter Kaiser in Kärnten bereits an Daniel Fellner abgegeben. Auch als Landeshauptmann wird er ihm weichen. Die Frage ist nur: Wann? Vielleicht wird er es morgen tun oder den Jahreswechsel nützen, um es bekanntzugeben. Jedenfalls aber kann man sich wundern darüber, dass er sich Zeit lässt. Einerseits. Andererseits hat er sehr gute Gründe dafür.

Spätestens Anfang 2028 wird in Kärnten gewählt. Nachdem die Sozialdemokratie beim letzten Mal bereits um neun Punkte auf 38,9 Prozent abgesackt ist, könnte es diesmal spannend werden.

Bei der jüngsten Nationalratswahl sind Freiheitliche im Land klar auf Platz eins gekommen. Zumal die Landtagswahl in Kärnten auch wenige Monate nach jener in Oberösterreich stattfinden wird. Dort haben Freiheitliche ebenfalls gute Chancen auf Platz eins. Der Punkt ist: Sollten sie diesen in Oberösterreich schaffen, kann sich eine Dynamik zu ihren Gunsten verstärken, die dann eben auch Einfluss auf den Wahlausgang in Kärnten hätte.

Warum also hat Peter Kaiser noch nicht an Daniel Fellner übergeben, um es diesem zu ermöglichen, sich als Landeshauptmann einzuarbeiten und ein Profil zu entwickeln? Hermann Schützenhöfer hat Christopher Drexler (beide ÖVP) in der Steiermark auch kaum mehr als zwei Jahre Zeit gelassen. Ergebnis bekannt.

Umgekehrt hat Erwin Pröll in Niederösterreich seiner Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) 2017/18 weniger als ein Jahr Zeit gelassen, und sie hat sich behaupten können. Was insofern ein gutes Beispiel ist, als es einen Hinweis enthält, worauf es unter anderem ankommt: die äußeren Umstände

2018 ist in Niederösterreich mitten im Sebastian-Kurz-Hype gewählt worden. Wie heute Freiheitliche eher nur zulegen können, haben es damals Schwarz-Türkise: Mikl-Leitner hatte ihren Erfolg vor allem Kurz zu verdanken.

In Kärnten sind die Umstände für die Sozialdemokratie heute extrem ungünstig. Ganz besonders in ländlichen Regionen ist Österreich nach rechts bzw. zur FPÖ gekippt, vor allem hier sind Krisen für viele Menschen spürbar, drückt die Teuerung zusätzlich auf die Stimmung.

Hier kann die SPÖ, die das Land schon seit mehreren Jahren führt, schwer gewinnen, kann sich ein Daniel Fellner schwer profilieren. Im Gegenteil, nach wenigen Monaten könnte es heißen, dass unter seiner Führung auch nichts besser werde.

Das kann sich jedoch ändern: Stand heute ist davon auszugehen, dass die Teuerung ab Jänner zurückgeht; allein schon, weil der Basiseffekt „Auslaufen der Strompreisbremse mit 31. Jänner 2024“ wegfällt, der heuer ein paar Zehntelprozentpunkte der Inflationsrate ausgemacht hat. Außerdem geht es wirtschaftlich leicht, aber doch bergauf, könnte die Arbeitslosigkeit zurückgehen. Und zwar vor allem in Kärnten. Laut einer aktuellen AMS-Prognose ist das das erste Land, in den sie nicht mehr steigt und zugleich das Land, in dem sie 2026 am stärksten sinken wird.

Sprich: Aus Sicht der SPÖ ist das Risiko, dass Fellner als Landeshauptmann verglühen würde, vorerst unnötig groß. Kann Peter Kaiser davon ausgehen, dass sich sein Nachfolger eher behaupten kann, wenn er ihn erst in mehreren Monaten, zum Beispiel gegen Sommer, ans Ruder lässt – eben weil die Großwetterlage dann ungleich günstiger sein könnte als sie heute ist.

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