Vernebelt

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BERICHT. Sozial-Media-Accounts: Ob man es mit dem Landeshauptmann oder -parteichef zu tun hat, ist bei weitem nicht überall so klar, wie es sich laut Rechnungshof gehören würde.

Korrekt ist es nicht, was Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) im ZiB 2-Interivew zur Neuregelung betreffend Social-Media-Accounts von Regierungsmitgliedern gesagt hat; im Gegenteil: „Diese Änderung ist Ausfluss aus einem Rechnungshofbericht und auch die Präsidentin des Rechnungshofes hat gemeint, dass hier eine Änderung legistischer Natur erfolgen soll“, meinte er: „Wir haben uns zu dieser jetzt vorliegenden Version und Variante entschlossen und ich finde, die ist angemessen und richtig.“

Der Rechnungshof hat in besagtem Bericht jedoch betont, dass „für die Mitbetreuung von Social–Media–Accounts von Regierungsmitgliedern, deren Medieninhaber eine politische Partei ist, keine Ressourcen aus öffentlichen Mitteln einzusetzen“ wären. Außerdem hat er, wie zuletzt auch Präsidentin Margit Kraker, „getrennte Accounts für Regierungsarbeit und parteipolitische Aktivitäten“ gefordert: Gerecht wird die nunmehrige Änderung, die Stocker als „angemessen und richtig“ bezeichnet, beidem exakt gar nicht. Null.

Kanzler und Co. dürfen künftig, was sie bisher schon gemacht haben, sich nämlich – sozusagen – über einen Kanal an die Öffentlichkeit wenden. Wie es ihnen gefällt, einmal als Regierungsvertreter und einmal als Parteifunktionär, der wiedergewählt werden möchte. Noch besser: Sie müssen keine Strafe mehr dafür befürchten. Es wird nicht mehr illegal sein, die Öffentlichkeitsarbeit von Parteien, die in Österreich ohnehin schon eine der höchsten Förderungen weltweit bekommen, zusätzlich über Regierungsämter zu finanzieren. Koste es, was es wolle.

Gerne wird übersehen, dass der Rechnungshof in dem erwähnten Bericht nicht nur den Bund, sondern auch Länder anspricht. Dass er bei der entsprechenden Prüfung die Verhältnisse in Wien, in Oberösterreich und im Burgenland unter die Lupe genommen hat – und auch für die Länder besagte Konsequenzen empfohlen hat, sofern sie davon abweichen.

Vor wenigen Tagen sind auf diesem Blog schon die Facebook-Auftritte von drei Landeshauptleuten und -parteichefs erwähnt worden, jetzt folgen der Vollständigkeit halber alle. Die Fragestellung lautet: Wie halten sie es?

Die mit Abstand meisten Follower hat der steirische Landeshaupt- und FPÖ-Obmann Mario Kunasek: 135.048. Schon das Titelbild vermittelt den Eindruck: Hier handelt es sich um einen Freiheitlichen, der auch Landeshauptmann ist. Das Parteilogo ist unübersehbar, angegebene Kontakte (Telefonnummer, E-Mail-Adresse etc.) führen zur Partei. Einzelne Beiträge, wie einer über einen Maturant:innen-Empfang, haben ausschließlich mit dem Amt zu tun – und hier ist nicht erkennbar ausgewiesen, von wem sie – inklusive der vielen Bilder von jungen Leuten in dem einen Fall – erstellt worden sind. Künftig dürfte derlei zum Beispiel das Land zur Freude der FPÖ hochoffiziell fix und fertig beisteuern. Wegen der laut Stocker eben „angemessenen und richtigen“ Gesetzesänderung.

Nach Followern die Nummer 2 ist der oberösterreichische Landeshauptmann und ÖVP-Chef Thomas Stelzer (75.000). Erster Eindruck auf der Seite: Das ist amtlich. Zu sehen ist das Wappen des Landes und der förmliche Hinweis „Landeshauptmann Thomas Stelzer“. Die angegebene Telefonnummer und die E-Mai-Adresse (lh.stelzer@ooe.gv.at) sind ebenfalls amtlich, die verlinkte Website gehört jedoch der Partei. Zweiter Eindruck: Die Parteifunktion wird hier vernebelt.

Bei Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ, 63.000 Follower) ist es ähnlich. Als Postadresse wird das Wiener Rathaus angegeben, die verlinkte Website jedoch von der Partei betrieben. Bei Peter Kaiser (Kärnten, SPÖ) detto: Die E-Mail-Adresse führt zum Landeshauptmann, ein Link zur Website des Parteifunktionärs. Johanna Mikl-Leitner (NÖ, ÖVP, 56.000 Follower) lässt zumindest durch alle Kontaktdaten erkennen, dass sie hier als Parteifunktionärin auftritt. In den Beiträgen ist sie freilich die parteiunabhängig wirkende Amtsperson, die sich tagein, tagaus um Land und Leute bemüht: Wer Texte und Bilder beisteuert, erschließt sich dem Betrachter nicht. So ist es zum Teil auch beim Tiroler Anton Mattle (ÖVP, 7820 Follower).

Der Vorarlberger Markus Wallner (rund 17.000 Follower) tritt schlicht als Politiker auf. Dass er der ÖVP angehört, erschließt sich erst über eine verlinkte Website, dass er Landeshauptmann ist, muss man wissen oder aus den Beiträgen ableiten. In diesen ist immerhin erwähnt, von wem die Fotos aus dem Arbeitsalltag des Mannes sind. Immer wieder vom „Land Vorarlberg“.

Wobei man wissen muss, dass Länder derartige Bilder über einen Pressedienst frei zur Verfügung stellen. Und zwar auch Parteien, wie der Rechnungshof in seinem Bericht anmerkt. Treppenwitz: Gefühlt sind Parteien sogar die stärksten Abnehmer. Ihnen sind die Darstellungen ja besonders wichtig.

Karoline Edtstadler ist erst seit wenigen Tagen Salzburger Landeshauptfrau und ÖVP-Chefin. Sie hat ihre bisherige Seite (rund 29.000 Follower) beibehalten. „Salzburger Volkspartei“ steht groß auf dem Titelbild, sonst wirkt das Ganze noch wie „in Arbeit“. Es gibt erst wenige Beiträge in ihren neuen Funktionen. Von wem das Video stammt, das sie bei ihrer Angelobung als Landeshauptfrau beim Bundespräsidenten zeigt, bleibt offen. Sie selbst kann es nicht gemacht haben.

Das erinnert an einen wichtigen Punkt in Bezug auf „Social-Media-Accounts“: Hier geht es um sehr viel Geld. Die Sachleistungen, die zum Beispiel für grüne Ex-Regierungsmitglieder auf Kosten der Steuerzahler zugunsten ihrer parteipolitischen Auftritte erbracht worden sind, wurden vom Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat wertmäßig auf rund 100.000 Euro geschätzt. So hoch fiel daher die Strafe aus, die er gegen die Partei verhängt hat.

Bleibt der Burgenländer Hans Peter Doskozil (SPÖ): Soweit erkennbar der Einzige, der tut, was der Rechnungshof empfiehlt, der also einen eigenen Facebook-Auftritt als Landeshauptmann hat (34.000 Follower) und getrennt davon einen solchen als Parteifunktionär (10.000 Follower). Das muss man ihm lassen.

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