ANALYSE. Parteien richten es sich selbst und lagern einen Teil ihrer Arbeit in Regierungskabinette aus.
„Schön, wenn man es sich richten kann!“, schreibt der Verfassungsrechtler Peter Bußjäger auf „Bluesky“. Und: „Ob sich die Herrschenden noch spüren?“ Die Nationalratsabgeordneten Andreas Ottenschläger (ÖVP), Klaus Seltenheim (SPÖ), Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (Neos) und Sigrid Maurer (Grüne) haben mit 18. Juni eine Änderung des Parteiengesetzes beantragt, die der Partei von den meisten von ihnen eine saftige Strafzahlung ersparen könnte. Als Gesetzgeber haben sie die Möglichkeit dazu: Sie können es sich richten.
Die Sache ist die: Auf Bundesebene und in den Ländern lassen Regierungsmitglieder Social-Media-Auftritte, die ihnen oder ihrer Partei gehören, gerne von Kabinettsmitarbeitern betreuen. Das ist illegale Parteienfinanzierung, wie der Rechnungshof in einem Bericht festgestellt hat: „Als Spende bezeichnet das Parteiengesetz jede Zahlung, Sachleistung oder lebende Subvention, die natürliche oder juristische Personen einer politischen Partei ohne entsprechende Gegenleistung gewähren.“
Der Rechnungshof hat die Praxis untersucht und Missstände in seinem Bericht aufgelistet. Sie gehen zurück bis in die Regierungszeit von Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache und Herbert Kickl, also Türkis-Blau 2018/19. Die Prüfer haben auch deutlich auf die Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit hingewiesen und eine „Bewusstseinsbildung zur Abgrenzung“ gefordert. Vergeblich.
Der „Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat“ ortet regelmäßig Verstöße und spricht Strafzahlungen aus. Zuletzt laut „Standard“ etwa in Höhe von 50.637 Euro für die ÖVP, 98.017,90 Euro für die Grünen und 70,959 Euro für die Neos.
Rechtskräftig sind die Strafen noch nicht, und das werden sie wohl auch nicht mehr: Genau das soll durch den eingangs erwähnten Antrag sichergestellt werden. Vorgesehen ist eine neue Regelung, die auch für bisher nicht rechtskräftig entschiedene Fälle anzuwenden ist. Mitarbeiter von Regierungsmitgliedern sollen deren Social-Media-Auftritte betreuen dürfen. Einzige Einschränkung: Die Inhalte sollen sich auf „Regierungsarbeit und Regierungskommunikation“ beschränken.
Das ist unverschämt. Erstens: In Österreich werden Parteien so stark gefördert wie – gemessen an der Bevölkerung – in kaum einem anderen Land der Welt. Trotzdem sind die Auflagen lasch, gibt es nicht einmal einen Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung, ja sind im Regierungsprogramm sogar Lockerungen in Bezug auf Meldepflichten vorgesehen. Und trotzdem soll nun ein Teil der Parteiarbeit in Regierungskabinette ausgelagert werden.
Zweitens: Gerade in Österreich ist Regierungskommunikation ein weiter Begriff. Das kommt in Inseraten zum Ausdruck, die in einem Ausmaß wie in keinem anderen Land der Welt gewährt werden und bei weitem nicht immer Sachinformation zum Inhalt haben. Oft geht es schlicht um Werbung, die im besten Fall der Imagepflege dient und im schlimmsten Fall Korruption ist.
Drittens: Die vom Rechnungshof angesprochene Vermischung von Regierungs- und Parteiarbeit ist Alltag, eine „Bewusstseinsbildung zur Abgrenzung“ nicht vorhanden. Anfang Jänner hat die ÖVP nach dem Rücktritt von Karl Nehammer aus allen politischen Ämtern eine Sitzung des Bundesparteivorstandes im Bundeskanzleramt abgehalten – und nichts dabei gefunden.
Viertens: ÖVP, SPÖ, Neos und Grüne mögen es sich jetzt richten, sodass ihre Parteien – aber auch die FPÖ, die ja in fünf Landesregierungen vertreten ist – davon profitieren. Laut dem Verwaltungsrechtler Hans Peter Lehofer könnten sie dabei jedoch Kabinettsmitarbeiter dem Risiko aussetzen, Amtsmissbrauch zu begehen: „Die Heranziehung öffentlich Bediensteter zu Privatarbeiten (und dazu zählt auch die politische Werbung für Amtsinhaber) ist ja durchaus nicht unproblematisch“, so Lehofer.