Symbolischer geht’s nicht

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ANALYSE. Wien will Förderungen an Parteiakademien kürzen. Das ist der kleinste Posten, bei dem es ansetzen kann. Und er wäre eigentlich für staatsbürgerliche Bildungsarbeit gedacht.

Wie sehr das Budget der Stadt Wien aus dem Ruder gelaufen ist, erkennt man daran, dass es im kommenden Jahr trotz Konsolidierung ein Defizit von 2,65 Milliarden Euro geben soll. Das ist viel und erhöht die Spannung, ob das gesamtstaatliche Ziel von 4,2 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt 2026 erreicht werden kann.

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) möchte, dass der Bund auf 3,2, Sozialversicherungsträger auf 0,1 sowie Länder und Gemeinden mit Wien auf 0,9 Prozent kommen. Das würde in Summe zu den 4,2 Prozent Defizit führen. Würde, wie gesagt: Die 2,65 Milliarden Euro von Wien allein entsprechen ungefähr einem halben Prozent. Alle übrigen Länder und Gemeinden vom Boden- bis zum Neusiedlersee zusammen müssen demnach darunter liegen, damit sich das alles ausgeht. Das wird schwierig.

Wien wird Ausgaben kürzen und Einnahmen erhöhen. Bei der Mindestsicherung zum Beispiel sparen und den Wohnbauförderungsbeitrag anheben. „Es sei gelungen, zwei Milliarden Euro zu konsolidieren – davon zwei Drittel ausgabenseitig und ein Drittel einnahmenseitig“, heißt es in einer Aussendung der Stadt, in der als erstes konkretes Beispiel im Anschluss an diesen Satz steht: „Geplant ist etwa eine Reduktion der Förderung für Parteiakademien.“

Hier steht nicht etwa, dass Politikerbezüge eingefroren werden sollen, obwohl der Wiener Bürgermeister mit 22.657 Euro schon fast so viel verdient wie der Bundeskanzler (23.840 Euro) und ein Stadtrat bereits mehr als ein Minister. Beziehungsweise Finanzstadträtin Barbara Novak mit 20.391 Euro zum Beispiel mehr als Finanzminister Marterbauer (19.072 Euro).

Wobei: Politikerbezüge real zu kürzen, ist eine heikle Sache. Es handelt sich um nicht ungefährlichen Populismus, mit dem das Signal einhergeht, dass Regierungsverantwortung etwa von begrenztem Wert sei.

Andererseits handelt es sich um ein Signal, zu dem Marterbauer und Co. auf Bundesebene schreiten, um den Leuten zu vermitteln, dass sie einen Extrabeitrag leisten zur Budgetsanierung. Und andererseits setzt ja auch Wien ein Signal mit der Reduktion der Parteiakademienförderung.

Es handelt sich halt um ein bescheidenes Signal. Man kann auch sagen, symbolischer gehe es nicht: Parteienförderungen haben in Wien ein Gesamtvolumen von über 50 Millionen Euro. Das ist auch gemessen an den Förderungen der Bundesebene nicht wenig; dort handelt es sich um rund 80 Millionen.

Vor allem ins Gewicht fällt in Wien aber die reine Parteienförderung: SPÖ und Co. kommen heuer auf insgesamt 37,6 Millionen Euro und damit de facto gleich viel wie die Bundesparteien bei dieser Förderung. Die Parteiakademienförderung fällt in der Bundeshauptstadt dagegen kaum ins Gewicht: Beträgt sie auf Bundesebene zwölf Millionen Euro, so macht sie hier gerade einmal zweieinhalb aus. Ihre Aufgabe ist ausdrücklich „staatsbürgerliche Bildungsarbeit“. Und an diesem Nebenschauplatz soll nun gekürzt werden. In welchem Ausmaß, war vorerst nicht zu erfahren; eine Anfrage im Büro der Finanzstadträtin ist noch unbeantwortet.

Bei den Parteienförderungen gibt es in Wien einige Besonderheiten: Die reine Parteienförderung wird Parteien gewährt, die im Gemeinderat, aber auch in Bezirksvertretungen vertreten sind. Bei der Klubförderung wiederum geht es nicht nur um die Zahl der Mitglieder.

Den Klubs stehen Dienstposten zu. Und zwar abhängig von der Zahl der Mitglieder und ihrer Positionen (Vorsitzender des Gemeinderats, nicht amtsführender oder amtsführender Stadtrat etc.). Werden diese Dienstposten nicht mit Bediensteten der Stadt besetzt, so erhalten die Klubs eine Vergütung.

Außerdem bekommen sie Vergütungen für die Nichtinanspruchnahme zustehender Räumlichkeiten sowie für Frauenförderung und – laut Stadt – „Bildungsarbeit (Schulung, Fortbildung und Information von Mitgliedern)“. Und genau hier wird eben  – wie auch bei der reinen Parteienförderung – nicht gespart. Im vergangenen Jahr belief sich die Klubförderung auf insgesamt 11,1 Millionen Euro. Auf Bundeseben waren es 29,3 Millionen.

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