„Swing State“ Kärnten

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ANALYSE. Die Soge des wahrscheinlichen Nachfolgers von Peter Kaiser, dass das Land blau werden könnte, ist begründet. Seine Antwort darauf wird dadurch aber nicht besser.

„Schemenhaft steigt im Geiste das Bild eines weiteren blauen Landeshauptmanns auf“, schreibt Stefan Kappacher in seinem Blog. Es geht um Kärnten und eine bemerkenswerte Aussage von Daniel Fellner, dem wahrscheinlichen Nachfolger von Peter Kaiser als SPÖ-Vorsitzender ebendort. Er habe der FPÖ „eine Unbedenklichkeitsbescheinigung“ ausgestellt, so Kappacher. Und zwar durch seine Aussagen in einem „Presse“-Interview: Die FPÖ sei in vielen Ansätzen ein Partner, mit dem man zusammenarbeiten könne; Herbert Kickl habe als Innenminister 2018/19 gesehen, dass er weiß, wo die Grenzen für einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union sind; und mit der AfD sei dessen Partei nicht vergleichbar. Wissenschaftliche Arbeiten wie jene der bürgerlichen Konrad-Adenauer-Stiftung, wonach die beiden „nicht gleich, aber sehr ähnlich“ sind, wischt Fellner damit mir nichts, dir nichts vom Tisch.

Die Panik muss groß sein: Bei der Landtagswahl in zweieinhalb Jahren könnte die SPÖ wie schon zu Jörg Haiders Zeiten hinter die Freiheitlichen zurückfallen, könnte mit Kärnten ein weiteres Land nach der Steiermark und dann vielleicht auch Oberösterreich blau werden. Von dieser Möglichkeit gilt es auszugehen und darauf zu reagieren. Wie? Option A wäre es, selbstbewusst eine Politik zu machen, die anders ist und von der man überzeugt ist. Fellners Äußerungen deuten jedoch darauf hin, dass er Option B wählt.

Das Boot ist voll, sagt er in dem Interview in Bezug auf Migration sinngemäß: „Ich glaube, dass es einen strengeren Kurs dringend braucht. Ein Rettungsboot hat eine gewisse Kapazität. Wenn es 100 Plätze hat, bringe ich vielleicht 110 oder 120 Personen noch irgendwie hinein. Aber sicher nicht 200.“ Windräder lehnt er ab. Eine Zusammenarbeit mit der FPÖ schließt er – insofern konsequent – nicht aus.

Im schlimmsten Fall wird Fellner so Stellvertreter eines freiheitlichen Landeshauptmannes. Es wäre brutal für die Sozialdemokratie, weil es bedeuten würde, dass Peter Kaiser gescheitert ist. Er hat die Führung im Land 2013 für die SPÖ zurückgewonnen und dabei auch sehr viele Ex-FPÖ- und BZÖ-Wähler überzeugt, ohne große Sprüche zu klopfen und nach rechts zu blinken.

Schon bei der Landtagswahl 2023 konnte Kaiser schwere Verluste für die SPÖ nicht verhindern, hatte jedoch das Glück, dass die FPÖ einen blassen Spitzenkandidaten und mit der Liste Köfer noch dazu Konkurrenz hatte. Zwischendurch schafften es bei Nationalratswahlen jedoch Blaue (2017), Türkise (2019) und dann – unter Kickl – wieder Blaue (2024) auf Platz eins im Land; diesmal sogar mit über 48 Prozent, während sich die SPÖ mit 23 Prozent begnügen musste.

Da wäre es schon unter gewöhnlichen Umständen ein Wunder, wenn Fellner bei der Landtagswahl 2028 die Führung für die Sozialdemokratie verteidigen könnte. In Zeiten multipler Krisen und Probleme ist es das jedoch erst recht. Besonders in einem Land wie Kärnten, in dem abseits der Ballungsräume Klagenfurt und Villach in weiten Teilen Abwanderung herrscht, also ein Hauch von Niedergang.

Schon Kaiser hat Unsicherheiten erkennen lassen: Vor dem Sommer ist er auf den rechten Zug aufgesprungen, der eine Überarbeitung des Europäischen Menschenrechtskonvention verlangt. Nicht missverstehen: Gedanken über eine Weiterentwicklung sind nicht verboten. Migrationsbewegungen aufgrund der Klimakrise haben die Väter und Mütter der Konvention noch nicht im Auge haben können. Darauf weist Kaiser auch hin. Er betont außerdem, dass „Aufklärung statt Populismus“ notwendig sei, lässt verhängnisvollerweise jedoch offen, wie er sich das vorstellt mit Möglichkeiten, Abschiebungen in Fällen schwerer Gewalt, Radikalisierung oder Terror durchzusetzen. Das wäre entscheidend, um Rechtspopulisten kein Futter zu liefern, keine Möglichkeit, zu behaupten, der Kaiser sage ja auch, dass Grundrechte in solchen Fällen nicht das Kriterium sein dürften.

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