KOMMENTAR. Bei der Kür des freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten hat sich der Parteichef blamiert. Doch spielt das eine Rolle? Vorerst nicht.
Wie soll FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eines Tages einen Staat aus achteinhalb Millionen Bürgern leiten, wenn er es heute in seinen überschaubaren Reihen nicht einmal schafft, die Wunschkandidatin für die Präsidentschaftswahl durchzusetzen? Diese Frage muss man sich stellen, nachdem klar ist, dass nicht Ursula Stenzel, sondern Norbert Hofer zum Zug kommt. Und nachdem es ja wirklich einmal soweit sein könnte, dass Strache in die Verlegenheit kommt, Regierungsverantwortung übernehmen zu müssen.
Wobei die Antwort zunächst bedeutungslos ist: Die FPÖ – und mit ihr Heinz-Christian Strache – segelt dahin. Das heißt, dass sie gar nichts falsch machen kann. Ein Absturz ist auf absehbare Zeit schier unmöglich. Zu dankbar sind die Massen über ihre Existenz, die allein schon einer Absage an Rot und Schwarz im Allgemeinen und allem Fremden und Asylwerbern im Besonderen gleichkommt.
Das erklärt auch die Wahlerfolge der Freiheitlichen vom vergangenen Jahr, ganz besonders aber jenen in der Steiermark: Dort konnten sie sich von elf auf 27 Prozent vervielfachen, obwohl sie mit einem Spitzenkandidaten angetreten waren, von dem wohl die meisten Wähler nicht einmal den Namen kannten (Mario Kunasek).
Also wird es auch bei der Präsidentschaftswahl im April keine Rolle spielen, wer da auf dem Stimmzettel steht: So wie es für Rudolf Hundstorfer, Andreas Khol und Alexander Van der Bellen unterm Strich wohl eher ein Nachteil ist, als roter, schwarzer oder grüner Kandidat wahrgenommen zu werden, so werden nicht wenige Wähler Norbert Hofer nur aus dem einen Grund unterstützen, dass er ein Blauer ist.
Wobei ihm möglicherweise auch ausgerechnet die Erfolge zu schaffen machen, die er der FPÖ in den vergangenen Monaten mit beschert hat.
Nachdem es also völlig egal ist, wen die Freiheitlichen aufstellen, hätte es für Strache ein Leichtes sein müssen, Ursula Strenzel durchzubringen. Dass er das nicht zustande gebracht hat, muss ernsthaft an seinen Fähigkeiten zweifeln lassen. Große Worte reden und eine Facebook-Community bei Laune halten ist das eine. Politik machen bedeutet aber auch, Mehrheiten für bestimmte Vorhaben zu schaffen. Sei es im Kleinen, wie einer Partei, oder im Großen, wie einer Koalition. Doch diesbezüglich hapert es bei Strache ganz offensichtlich.
Wobei ihm möglicherweise auch ausgerechnet die Erfolge zu schaffen machen, die er der FPÖ in den vergangenen Monaten mit beschert hat: Plötzlich ist er nicht mehr der wichtigste Freiheitliche weit und breit. Im Gegenteil, während er selbst sein Ziel verfehlt hat, Bürgermeister von Wien zu werden und sich daher weiter mit der Oppositionsbank begnügen muss, sind andere aufgestiegen – Manfred Haimbuchner zum stellvertretenden Landeshauptmann von Oberösterreich beispielsweise. Oder Johann Gudenus zumindest zum nicht amtsführenden Vizebürgermeister von Wien. Oder Johann Tschürtz zum stellvertretenden Landeshauptmann im Burgenland. All das ist formal gesehen mehr, als Strache derzeit ist. Und das lässt ihn der eine oder andere auch spüren.