ANALYSE. Bei den Grünen ist nichts mehr wie es war. Siehe Verteidigungspolitik.
In der staatstragenden Mitte wird es eng. Teile der ÖVP mag es nach rechts ziehen; und zwar im Glauben, dort der FPÖ Stimmen abnehmen zu können. Der eine oder andere Kompromiss, auf den sich die Partei in der Koalition mit SPÖ und Neos verständigt, steht jedoch für die Mitte. So können all die Ankündigungen, einfach nur Kürzungen vorzunehmen, nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vernünftige Ansätze gibt; zum Beispiel „Integration ab dem ersten Tag“.
Auch die SPÖ arrangiert sich. Andreas Babler und Co. nehmen dafür sogar in Kauf, abgewatscht zu werden. So ist es fast schon amüsant, wie sehr sich der Boulevard – wie die „Krone“ hier – parteiinterner Kritik an der Pensionsanpassung im kommenden Jahr widmet; so sehr nämlich, dass er auf die realen Kürzungen für einen Gutteil seiner Leser vergisst.
Neos kann man grundsätzlich der staatstragenden Mitte zuordnen, und auch bei den Grünen ist das über die Jahre bzw. durch Regierungsbeteiligungen in Bund und Ländern der Fall geworden.
Gemeinsam mit den Neos haben sie der ÖVP den Rang als Europapartei abgelaufen, zeigen im Übrigen etwa in der Bildungspolitik auf. Sie stehen auch nicht mehr „bloß“ für Klima- und Umweltschutz sowie Menschenrechte.
Von Pazifismus nicht zu reden. Auf die Frage, ob sie sich als Pazifistin bezeichne, antwortete Parteichefin Leonore Gewessler in einem „Standard“-Interview: „Die Grünen wurden aus der Friedensbewegung heraus geformt. Der Wunsch ist natürlich, dass niemand auf dieser Welt Angst haben muss vor Krieg und Zerstörung. Aber Krieg ist leider Realität in vielen Teilen dieser Welt, auch in Europa. Und dieser Realität müssen wir uns stellen. Frieden muss deshalb auch für die Grünen bedeuten, sich verteidigen zu können.“
„Frieden muss verteidigt werden“, lautete auch Gewesslers Formel im ORF-Sommergespräch. Es ist untergegangen. Zu Unrecht. Es ist eine Zäsur: Gewessler und ihresgleichen begnügen sich nicht damit, das zu tun, was sie vor ein paar Jahren vielleicht noch gemacht hätten; nämlich zu beteuern, dass Österreich neutral sei, vielleicht sogar zu behaupten, dass es nicht einmal politisch in Bezug auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine Partei ergreifen dürfe, sondern sich als Vermittler anbieten müsse; immer und immer wieder, egal wie viele Drohnen Wladimir Putin Richtung Europa schickt.
Seit Werner Kogler als Vizekanzler damit angefangen hat, positionieren sie sich hier sehr klar. „Putin führt nicht nur in der Ukraine Krieg gegen Europa. Drohnen, Cyberangriffe & Drohgebärden treffen auch die EU & Österreich. Wer weiter nur ankündigt statt handelt, gefährdet unsere Sicherheit“, hat Kogler gerade auf „Bluesky“ geschrieben und von der Regierung eine Sicherheitsstrategie, „inkl. einer Drohnenschutz-Strategie“, gefordert.
Eine Mehrheit ist damit nicht zu gewinnen. Hier geht es aber auch mehr um das, was man als staatstragend sein bezeichnet und die Grünen für eine Regierungsbeteiligung im Spiel hält. Das ist wichtig: Die FPÖ mag mit Extrempositionen fernab der Mitte auf Platz eins liegen. Das tut sie aber noch immer mit einer relativen Mehrheit und indem sie sich unter Herbert Kickl für eine Zusammenarbeit mit einer anderen Partei disqualifiziert. Da ist es relevant, dass Grüne neben ÖVP, SPÖ und Neos längerfristig für Regierungsvereantwortung in Frage kommen.