ANALYSE. Bei den Landtagswahlen in Wien und Oberösterreich geht’s auch um die parteiinternen Machtgefüge. Gestärkt werden dürften vor allem Erwin Pröll – und die Sozialpartner.
Vor gar nicht allzu langer Zeit gab es in der Volkspartei neben den Bünden noch vier bestimmende Landesorganisationen: Niederösterreich, Oberösterreich, die Steiermark und Tirol. Heute sind es nur noch zwei: Nieder- und Oberösterreich. Und ab Sonntag wird es wohl nur noch eine sein: Niederösterreich. Erwin Pröll wird also gestärkt. Und bei der SPÖ, der nun ebenfalls massive Verluste drohen? Dort ist neben einem angeschlagenen Wien und einem ramponierten Burgenland keine Hochburg mehr zu sehen. Umso mehr werden ausgerechnet die längst totgesagten Sozialpartner eine kleine Renaissance erleben. Sie sind schließlich so gut abgesichert, dass ihnen Wahlniederlagen nichts anhaben können.
Doch zunächst zur ÖVP: Von den vier einst dominierenden Landesorganisationen ist eine nach der anderen gefallen. Tirol hält mit Landeshauptmann Günther Platter einen Stimmenanteil von nicht einmal 40 Prozent. Ganz zu schweigen von der Steiermark, die zuletzt zwar den Landeshauptmann-Posten zurückgeholt hat, aber nur noch auf 29 Prozent kommt. Zur „Mittelpartei“ zurückgestutzt werden dürfte nun auch die oberösterreichische Volkspartei bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag. Damit wird sie auch bundespolitisch kein besonderer Faktor mehr sein.
Ja unter den ÖVP-Landesorganisationen gibt es künftig nur noch eine mächtige mit einem noch mächtigeren Obmann: die niederösterreichische mit Erwin Pröll. Er ist der letzte, der (mit 50,79 Prozent) „absolut“ regieren kann. Und ohne gewichtige Mitbewerber auf Bundesebene wird er das künftig wohl auch dort vermehrt tun.
Für den Oberösterreicher Reinhold Mitterlehner, der im vergangenen Jahr den Niederösterreicher Michael Spindelegger an der Bundesparteispitze abgelöst hat, sind das keine guten Vorzeichen: Es wird spannend, wie er mit einem indirekt gestärkten Erwin Pröll zurechtkommen wird.
Die ÖVP besteht freilich nicht nur aus Landesorganisationen allein. Es gibt auch die Bünde. Und unter ihnen existieren vor allem zwei, die wie Pröll schon allein durch den Machtverlust anderer gewinnen: der Bauernbund mit dem Raiffeisenflügel und der Wirtschaftsbund. Beide sind über Kammern inkl. Pflichtmitgliedschaften, die noch dazu verfassungsrechtlich geschützt sind, abgesichert. An ihnen gehen Nationalratswahlen oder nun eben Landtagswahlen vorüber. Sie bleiben.
Was der ÖVP der Arbeitgeber-, ist der SPÖ der Arbeitnehmerflügel. AK und ÖGB werden auch in Zukunft in sozialdemokratischer Hand sein. Und während ihre Genossen in den Ländern oder auf Bundesebene bei Wahlen abgewatscht werden, treten die Interessenvertreter da und dort schon mit neuem Selbstbewusstsein auf. Die Eisenbahner beispielsweise. Dank ÖBB-Chef Christian Kern müssen sie sich nicht mehr prügeln lassen, sondern haben altes Ansehen wiedererlangt. Und das kann Mut zu mehr machen.