#SPÖ Krise. Warum Faymann trotzdem bleibt

ANALYSE. Angekündigte Revolutionen finden nicht statt. Fünf Aspekte, die Michael Häupl davor zurückhalten, den Parteichef zu stürzen.

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ANALYSE. Angekündigte Revolutionen finden nicht statt. Fünf Aspekte, die Michael Häupl davor zurückhalten, den Parteichef zu stürzen.

Der 3. Juli ist von der innenpolitischen Szene mit Spannung erwartet worden. Werner Faymann könnte im SPÖ-Präsidium als Parteivorsitzender und damit letzten Endes auch als Bundeskanzler abgelöst werden. Hieß es. Tatsächlich hat sehr vieles dafür gesprochen. Doch das hat sich geändert. Mittlerweile kann Faymann diesem Freitag ziemlich gelassen entgegenblicken.

Die Einladungen zum SPÖ-Sommerfest sind am Mittwochnachmittag verschickt worden. Gastgeber der Veranstaltung in Wien-Altmannsdorf wird demnach „Bundesparteivorsitzender Bundeskanzler Werner Faymann“ sein. Am 21. August. Davon kann man tatsächlich ausgehen. Da mag der Kärntner LH Peter Kaiser (SPÖ) daran zweifeln, dass Faymann dann noch im Amt sein wird. Oder ein vermeintliches „Geheimtreffen“ von Ex-Partei- und –Regierungschef Franz Vranitzky mit Klubobmann Andreas Schieder ausgerechnet beim gut frequentierten „Pfarrwirt“ im 19. Gemeindebezirk die „Putschgerüchte“ verstärken. Doch Faymann bleibt. Sein Glück ist, dass es niemanden mehr gibt, der ihn stürzen könnte und dies vor allem auch möchte.

Ablösegründe würde es wohl geben. Mit der Steuerreform hat die SPÖ wieder eine Gelegenheit ausgelassen, sozialdemokratische Umverteilungspolitik zu betreiben und die Reichen einmal so richtig zur Kasse zu bitten. Das kommt bei vielen Genossen nicht gut an. Und dann ist da noch der Niedergang in den Ländern, der vor allem auch bundespolitisch bedingt ist.

Die SPÖ-Krise ist aber schon so groß, dass die Zahl der Bastionen und damit mächtigen Funktionäre überschaubar geworden ist: Vor sieben Jahren, bei der Ablöse von Faymann-Vorgänger Alfred Gusenbauer, spielte beispielsweise noch die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller eine wichtige Rolle. Doch mittlerweile ist nicht nur sie verschwunden; die gesamte Parteiorganisation, die sie hinterlassen hat, ist bedeutungslos geworden.

Gewicht hatten in der SPÖ einst auch die Steiermark sowie Nieder- und Oberösterreich mit den jeweiligen Landesparteivorsitzenden. Doch heute ist ihr Name nicht einmal Insidern geläufig. Bleibt das Burgenland. Aber dort hat LH Hans Niessl alle Hände voll zu tun, Rot-Blau durchzubringen.

Wer also könnte die Ablöse des Bundesparteivorsitzenden betreiben? Die Gewerkschaft. Oder Wiens Bürgermeister Michael Häupl. Allein: ÖGB-Chef Erich Foglar und Co. feiern noch immer die Lohnsteuersenkung, die Faymann zumindest durchgebracht hat. Und überhaupt: Auch die Gewerkschafter sind nicht mehr so einflussreich, wie sie einmal waren.

Der einzige, der gute Gründe und die Kraft hätte, Faymann abzulösen, wäre Michael Häupl. Doch er will nicht. Was zunächst einmal verwundern mag: Auch Häupl spürt im Hinblick auf die Gemeinderatswahl am 11. Oktober bundespolitischen Gegenwind. Andererseits gibt es jedoch fünf Aspekte, die dafür sprechen, dass er Faymann trotz alledem in Ruhe lässt.

  • Häupl hat so weitreichende Änderungen nie allein betrieben, sondern sie allenfalls gedeihen lassen. Erst am Ende, als sie nicht mehr abwendbar waren, hat er sie mit durchgesetzt. Siehe Gusenbauer-Ablöse 2008.
  • Die Rolle des Königsmörders bekommt dem, der sie wahrnimmt, selten gut. Das Risiko, dass sie ihm schadet, kann Häupl so kurz vor einem für ihn entscheidenden Urnengang nicht eingehen.
  • Und wenn er es doch tun und etwa einen ÖBB-Chef Christian Kern zum Nachfolger küren würde, bliebe ein Problem: Die größte Wahlniederlage für die Sozialdemokratie kommt erst. Am 27. September droht Platz drei in Oberösterreich; selbst in der einstigen Hochburg Wels könnte sie an der Spitze von den Freiheitlichen abgelöst werden. Das und die daraus folgende Depression würde wohl auch Kern mitreißen. Anders ausgedrückt: Häupls Mann wäre noch vor der Wien-Wahl am 11. Oktober beschädigt.
  • Die aktuelle SPÖ-Krise macht die FPÖ und mit ihr Häupls Gegner in Wien, Heinz-Christian Strache, stark. Der ist sogar schon eine ernste Bedrohung für die Sozialdemokratie in der Bundeshauptstadt geworden. Das hat für Häupl auch etwas Gutes; denn das mobilisiert seine Anhängerschaft wie nichts anderes.
  • Und schließlich war Faymann als langjähriger Wohnbaustadtrat ein Vertrauter Häupls. Er weiß viel. Und mit solchen Leuten geht man vorsichtig um.

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