ANALYSE. Wie 2017 in der Flüchtlingspolitik schafft es die Sozialdemokratie 2019 in der Klimapolitik nicht, eigene Akzente zu setzen.
Die letzte Nationalratswahl stand ganz „im Schatten der Flüchtlingspolitik“, wie die Politologen Fritz Plasser und Franz Sommer in einem eigenen Buch unter diesem Titel nicht nur allgemein formulierten, sondern faktenreich belegten. Wobei man die damaligen Verhältnisse ungefähr so zusammenfassen kann: FPÖ und ÖVP hatten eine Linie, die dem Gefühl einer Wählermehrheit entsprach. Und zwar so sehr, dass sich andere Parteien nicht trauten, weit davon abzuweichen; nicht einmal die Grünen wollten sich eine Willkommenskultur nachsagen lassen.
Neben Ibiza, Korruption und Parteienfinanzierung zeichnet sich für die Nationalratswahl 2019 ein anderes großes Thema ab: die Klimakrise. Alle Parteien tragen dem Rechnung. Und zumindest in einer Hinsicht sind wieder ÖVP und FPÖ bestimmend: Es darf keine Ökologisierung des Steuersystems geben, nur Begünstigungen z.B. für E- und Wasserstofffahrzeuge sind denkbar. Aber eine CO2-Steuer? Gott bewahre! Grüne und Neos fordern eine solche. Doch die SPÖ, die zusammen mit ÖVP und FPÖ auf einen Wähleranteil von mehr als 80 Prozent kommt, beugt sich.
Darauf muss man näher eingehen, weil es wichtig ist: Wie schon 2017 kann die SPÖ bei einem wichtigen Thema keine eigene Erzählung liefern. Klar, Parteichefin Pamela Rendi-Wagner will einen Klimakonvent. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch sie gegenüber dem schwarz-blauen Spin kapituliert hat. Titel dieses Spins: „Keine neuen Steuern!“
So lange sich die SPÖ gezwungen sieht, sich populistischen Slogans von ÖVP und FPÖ zu beugen, kann sie einpacken.
Schon vor Monaten hat Rendi-Wagner das in einer – aus sozialdemokratischer Sicht – wichtigen Gerechtigkeitsfrage praktiziert: Eine Erbschafts- und Vermögenssteuer sei nicht aktuell, hatte sie wissen lassen. Aus Angst offenbar, dass ihr von ÖVP und FPÖ dann nur eine Belastungspolitik attestiert wird.
So ähnlich, in der Sache aber noch komplizierter, ist das auch bei der Ökologisierung: Eine solche will die SPÖ ihrer eigenen Klientel nicht zumuten. Zunächst würde das schließlich bedeuten, das Dieselprivileg abzuschaffen und das Pendlerpauschale umzubauen, wenn nicht überhaupt zu streichen. Damit wären zunächst klimafeindliche Förderungen beseitig. Und dann könnte man sich erst daran machen, eine richtige Ökologisierung durchzuführen. Eine solche wäre jedoch mit einem extrem großen Erklärungsbedarf verbunden: Klar würde es z.B. mit einer CO2-Steuer eine neue Belastung geben. Andererseits aber sieht jedes Konzept dazu auch Entlastungen vor, sodass es unterm Strich für einen halbwegs umweltbewussten Verbraucher auf ein Nullsummenspiel hinauslaufen würde, wenn nicht gar auf einen finanziellen Gewinn. Ja, insgesamt könnte es sogar zu einer Senkung der Steuer- und Abgabenquote kommen. Siehe Schweden.
Das zu erklären, schafft die SPÖ jedoch nicht. Das ist einerseits nachvollziehbar, andererseits aber vielsagend: So lange sich die Partei gezwungen sieht, sich populistischen Slogans von ÖVP und FPÖ (wie eben „Keine neuen Steuern“) zu beugen, kann sie einpacken.
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