ANALYSE. In Zeiten, in denen eine starke Sozialdemokratie gefragt wäre, gibt es in ihren Reihen einen Rücktritt nach dem anderen. Und Georg Dornauer.
Für den Rechtsruck in aller Welt und auch in Österreich gibt es viele Erklärungen. Eine davon darf nicht untergehen. Hierzulande hat er unter anderem mit einem Versagen der Sozialdemokratie zu tun, wie in einer ferneren Vergangenheit überzeugend zu wirken auf Menschen, die sich der Arbeiterklasse zuordnen. Bei Nationalratswahlen muss sie sich hier seit 2013 den Freiheitlichen geschlagen geben, wie Befragungsergebnissen des Sozialforschungsinstituts Foresight zu entnehmen ist. Diesmal mit rund 20 „zu“ 50 Prozent.
Im Grunde genommen ist das umso alarmierender, als die SPÖ unter Andreas Babler ja gezielt versucht hat, diese Menschen anzusprechen. Gelungen ist es ihm das kaum bis gar nicht. Vielleicht lag es an ihm, vielleicht an Boulevardkampagnen, vielleicht auch daran, dass die Partei als zerstritten rüberkam, jedenfalls wurde ihr von vielen nicht abgekauft, zu dem beitragen zu können, wofür sie jahrzehntelang stand: Zu einer Verbesserung des Lebensstandards. Das macht ihr heute umso mehr zu schaffen, als eine Masse eine Verschlechterung sieht.
Eine Sozialdemokratie, die sich selbst retten möchte, könnte unter diesen Umständen in sich gehen und Konsequenzen ziehen. Davon ist sie jedoch weit entfernt. Babler steckt schon (quasi) in Regierungsverhandlungen, kann gegenüber der ÖVP schwer eingestehen, dass er eigentlich nur Vorsitzender eines Zustandes ist (wie es umkehrt auch Karl Nehammer schwer tun kann). Es würde einer Schwächung der eigenen Verhandlungsposition gleichkommen.
Genossen der zweiten und dritten Ebene könnten sich jedoch an die Arbeit machen. Bloß: Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger hat im September zurücktreten müssen. Zumindest in Oberösterreich war er ein Faktor. Zum Verhängnis wurde ihm eine Affäre ums Brucknerhaus. Wenig später verabschiedete sich der Salzburger Landesparteivorsitzende David Egger-Kranzinger. Begründung: Er wolle sich auf sein Bürgermeisteramt in Neumarkt am Wallersee konzentrieren und sich mehr seiner Familie widmen.
Man könnte glauben, das sei ein Anstoß für den oberösterreichischen Landesparteivorsitzenden Michael Lindner gewesen. Er hat am Wochenende seinen Rücktritt mitgeteilt. Begründung: Er wolle mehr für seine zwei kleinen Söhne da sein.
Schlecht? Woher! Der Punkt ist, dass Lindner als SPÖ-Landesvorsitzender von heute auf morgen alles stehen und liegen lassen hat. Dass Ex-Sozialminister Alois Stöger die Funktion übernehmen musste, damit sie nicht unbesetzt bleibt. Bis die Nachfolge geklärt ist, ist Notbetrieb angesagt, die Partei de facto führungslos.
Und jetzt auch noch (oder wieder einmal) der Tiroler Georg Dornauer: Die „Krone“ hat berichtet, dass er „kürzlich“ unter anderem mit Rene Benko auf einer Jagd in der Steiermark gewesen sei. Mit Foto, das ein erlegtes Stück Wild vor den Herrschaften zeigt – und Dornauer mit einem Hut inklusive „Beutebruch“, der dem Schützen zusteht.
Na bumm💥 @GDornauer kann auch ohne Gewehr (dafür mit #Benko) einen Bock schiessen 🙄 pic.twitter.com/od8WT7Q1XU
— Dominik Oberhofer (@den_dominik) November 11, 2024
Probleme: Dornauer hat ein aufrechtes Waffenverbot, er dürfte nicht schießen – und er betont (daher) laut „Krone“, nicht geschossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft Graz wird das nun prüfen.
Das ist für sich genommen schon eine Geschichte, die für eine Sozialdemokratie in Zeiten wie diese verheerend ist: Wenn es einem nicht ganz unwesentlichen Funktionär wichtig ist, als stolzer Schütze zu posieren, der er eigenen Angaben zufolge in Wirklichkeit gar nicht ist, gute Nacht. Zynisch formuliert entspricht das Ganze genau den Sorgen „der Leute“.
Dass das Foto nicht für die Veröffentlichung gedacht war, wie Dornauer betont; dass es wohl von jemandem an die Öffentlichkeit gespielt worden ist, der es übel meint mit ihm, das mag alles sein, macht jedoch nichts besser.
Es ist auch dumm für Andreas Babler, zumal Rene Benko mit von der Partie war. Vor einem Jahr hat er die Nähe von Politikern zu diesem hart kritisiert, wie der „Kurier“ damals vermerkte: Damit hat er sich selbst unter Zugzwang gesetzt. Als Bundesparteivorsitzender kann er das Dornauer schwer so mir nichts, dir nichts durchgehen lassen.