Signale an FPÖ-Wähler

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ANALYSE. Herbert Kickl versucht entlarvend, als „Volkskanzler“-Kandidat Fakten zu schaffen, und Nehammer an der Seite seiner „Freundin“ Meloni zu vermitteln, was er eh auch könne.

Dass die FPÖ „im Zwiespalt“ ist, glaubt auch nur die „Krone“. Sie begründet das damit, dass Herbert Kickl die Konkurrenz verteufle, in ihren Reihen jedoch Partner suche. In Wirklichkeit verteufelt er sie, weil er mit niemandem zusammenarbeiten möchte und das wiederum auf Gegenseitigkeit beruht.

In Wirklichkeit hätte auch der Obmann der stimmenstärksten Partei darauf zu warten, was der Bundespräsident tut. Unabhängig davon könnte er daran arbeiten, Gräben, die er in den vergangenen Wochen und Monaten aufgerissen hat, indem er Andersdenkende als Volksverräter und alle anderen Parteien als Einheitspartei bezeichnete, zuzuschütten. Sagen, dass es hart hergegangen sei, jetzt aber zusammengearbeitet werden müsse. Dass klar sei, was er wolle und er nicht die Absicht habe, Wesentliches aufzugeben; ihm aber bewusst sei, dass Kompromisse nötig seien und er daher bereit sei, ebensolche einzugehen. Zumal Österreich ein Verhältniswahlrecht habe und nicht das Prinzip „The winner takes ist all“ herrsche wie bei einem Mehrheitswahlrecht.

Doch was macht Kickl? Er hält weiter Wahlkampfreden. Nach einem Gespräch mit dem Bundespräsidenten gibt er eine Pressekonferenz und erklärt, er habe Alexander Van der Bellen „aus erster Hand“ wissen lassen, „dass wir die kommende Regierung anführen wollen, mit mir als Bundeskanzler“. Das Wahlergebnis sei immerhin deutlich gewesen, sodass eine „Koalition der Verlierer“ ohne ihn ein Schlag ins Gesicht der Wählerinnen und Wähler wäre. Ja, die übrigen Parteien, die sich bisher gegen ihn gestellt hätten, hätten ein „undemokratisches Machtgehabe“.

Treppenwitz: Er ist es, der versucht, sich über die Rollenverteilung bei der Regierungsbildung hinwegzusetzen, also Van der Bellen die Führung zu entreißen. Er ist es, der so tut, als habe Österreich ein Mehrheits- und kein Verhältniswahlrecht, mit dem einhergeht, dass derjenige die besten Chancen auf Kanzleramt hat, der nicht am lautesten schreit, sondern imstande ist, eine Mehrheit auf parlamentarischer Ebene zu organisieren.

Bemüht sich Kickl darum? Nein. Will er Kanzler werden? Nein. Warum tut er dann so? Weil er schon mitten im steirischen Landtagwahlkampf steht und es auch hier mit einem Kampf gegen ein Establishment, das angeblich gegen das Volk regiere, darum geht, Nummer eins zu werden; den Landeshauptmann für die FPÖ holen. All das geht viel besser, wenn man, wie Kickl, von Tag eins an vermittelt, von denen da oben von der Macht ferngehalten zu werden. Das ist das Geschäftsmodell.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) schläft daneben nicht. Am Wochenende veröffentlichte er unter anderem auf X (Twitter) ein Foto von sich und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, mit der ihn „mittlerweile eine Freundschaft“ verbinde. Mit der Postfaschistin will er sich bei einem Kurzaufenthalt in Rom „spontan zum Abendessen“ getroffen haben, wie er schreibt, um Wesentliches zu betonen: „Ich schätze ihre Konsequenz im Kampf gegen illegale Einwanderung und für einen soliden Schutz der EU-Außengrenzen.“ Österreich und Italien würden da am selben Strang ziehen, der Kampf gegen illegale Migration sei eine der Zukunftsfragen der Europäischen Union.

Ein Statement: Wer braucht Kickl? Karl Nehammer will zeigen, dass er sich um die Lösung von Problemen kümmere, die von sehr vielen Menschen wahrgenommen werden. Jetzt, nach dem Ergebnis der Nationalratswahl, vielleicht sogar sichtbarer denn je wie sein Vorgänger Sebastian Kurz.

Das ist ein bemerkenswertes Statement auch im Hinblick auf die Regierungsbildung: Türkis bleibt Türkis und konzentriert sich weiterhin darauf, Freiheitliche zu umarmen oder ihnen inhaltlich möglichst wenig Platz zu lassen. Wie zweiteres mit einer Koalition mit Sozialdemokraten und Neos oder Grünen zusammengehen könnte, bleibt vorerst jedoch schleierhaft.

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