Schwarze Kritik tut Kurz nicht weh

ANALYSE. Die alte ÖVP ist auf Bundesebene aufgelöst. Das macht den Kanzler und Parteichef unangreifbar, so lange er Wahlerfolge einfährt. 

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ANALYSE. Die alte ÖVP ist auf Bundesebene aufgelöst. Das macht den Kanzler und Parteichef unangreifbar, so lange er Wahlerfolge einfährt. 

Arno Gasteiger ist ein ÖVP-Urgestein. Gewesen, wie man hinzufügen muss: Der 72-Jährige war in den 1980ern und 1990ern zuerst Landesrat und dann Landeshauptmann-Stellvertreter in Salzburg. Jetzt ist er aus der Partei ausgetreten. Nicht ohne geharnischte Kritik zu üben: Aus reinem Opportunismus mache die Partei unter Sebastian Kurz „Stimmung gegen Flüchtlinge und Ausländer“. Sie habe „Polizei, Militär und Sicherheitsdienste der äußerten Rechten ausgeliefert“. Und so weiter und so fort.

Macht’s was? Nein: Gasteiger ist nicht der einzige „Schwarze“, der ein Problem mit den Türkisen hat. Dazu zählen etwa auch die westösterreichischen AK-Präsidenten Erwin Zangerl und Hubert Hämmerle. Oder Ex-Raiffeisen-Boss Christian Konrad (der allerdings nie eine Parteifunktion hatte). Oder Ex-Parteisekretär (und Konrad-Vertrauter) Ferry Maier. Oder der ehemalige Vizekanzler und Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner, der demnächst ein Buch mit dem Titel „Haltung“ veröffentlichen will. Die Liste ist relativ lang.

Doch was soll’s: Für die heutige ÖVP hat das keine Konsequenzen. Sie ist eine vollkommen andere Partei. Die Landes- und Bündeobleute haben sie ganz Sebastian Kurz übergeben. Er hat „begriffen, dass das traditionelle Parteiensystem zu Ende geht“, so Ex-Obmann Erhard Busek in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“. Nachsatz: „Ob und was das Andere, das Neue ist, ist für mich allerdings nicht klar. Ich weiß nicht, wofür die ÖVP heute steht.“

Ein bisschen ist das wie die Kritik der Ex-Eigentümer an den neuen Besitzern des Unternehmens.

Ein bisschen ist das Ganze wie bei einem Unternehmen, das jahrzehntelang von einer Familie geführt worden ist. Als die Zeiten schwer und schließlich hoffnungslos wurden, verkaufte sie die komplette Firma einem Investor. Kaum war der Deal abgeschlossen und die Familie draußen, machte sich dieser so ans Werk, dass es sie schmerzte. Doch spielt das noch eine Rolle? Hat ihr Unmut noch eine Relevanz? Praktisch nicht.

So lange Kurz als Obmann dessen, was einmal die ÖVP gewesen ist und heute nur noch so heißt, Wahlerfolge erzielt und Macht sichern kann, ist er unangreifbar. Alle Vollmachten, tun und lassen zu dürfen, wie es ihm gefällt, hat er von den erwähnten Landes- und Bündeobleuten bekommen; und zwar unbefristet. Sie werden sie erst dann zurückziehen, wenn ihnen seine Politik schadet. Doch davon kann heute keine Rede sein.

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