ANALYSE. Signale aus Oberösterreich könnten Freiheitlichen, aber auch Sozialdemokraten zu denken geben.
Es ist nicht das erste Mal, dass der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer und die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler gemeinsame Sache machen. Vor einem Monat haben sie einen „neuen Förderschub für eine klimafreundliche Industrie“ präsentiert; das bezog sich auf das Bundesland. Jetzt kündigten sie den Start des 1-2-3-Tickets zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel per 26. Oktober an; das ist eine länderübergreifende Sache (wenn auch noch offen ist, ob Wien, NÖ und das Burgenland dabei sein werden). Wie üblich hätte Gewessler dazu also genauso gut eine Pressekonferenz in Wien durchführen können. Sie hat es nicht getan: Sie wollte einen Beitrag zum oberösterreichischen Landtagswahlkampf leisten, der gerade angelaufen ist. Und umgekehrt war Stelzer daran interessiert, hier ebenfalls an einer Botschaft für die Wählerinnen und Wähler in seinem Bundesland mitzuwirken.
Es mag sich zwar „nur“ um Klimaschutz handeln, der niemandem weh tut, das Vorhaben hat jedoch einen grünen Anstrich. Das ist genau das, was neben Türkisen auch Schwarzen gefällt: In Vorarlberg, Tirol und Salzburg koalieren sie schon länger mit den Grünen. Zwischendurch haben sie es auch in Oberösterreich getan. Damit können sie bisweilen jünger, und vielleicht auch etwa moderner und weltoffener wirken, ohne sich selbst ändern zu müssen.
Infolge der Flüchtlingskrise ist das da und dort in den Hintergrund getreten: Die ÖVP verlor besonders auch in Oberösterreich an die FPÖ. Ihre Antwort darauf war und ist, nach rechts zu rücken, mit Freiheitlichen zu koalieren und sie so gewissermaßen zu Tode zu umarmen. Auf Bundesebene ist das geglückt. Sebastian Kurz ist zwar dabei geblieben, rechts von sich keinen Platz zu lassen, er leistet sich daneben aber auch eine Koalition mit den Grünen.
In Oberösterreich ist nun Ähnliches zu erwarten: Die FPÖ ist vorerst keine große Bedrohung für die ÖVP. Die ÖVP ist die wirkungsvollere FPÖ geworden, die es sich daneben bemerkenswerterweise leisten kann, mit den Grünen zusammenzuarbeiten, um eventuell auch Bürgerliche anzusprechen, die nicht rechts der Mitte stehen.
Für die Freiheitlichen ist das eine harte Message: Nach Bund und Burgenland könnten sie nun auch in Oberösterreich aus der Regierung fliegen. Versuche von LH-Stellvertreter Manfred Haimbuchner, koalitionsfähig zu sein, dürften nicht belohnt werden.
Doch auch Sozialdemokraten haben Grund zur Sorge: Weil Oberösterreich nach dem Proporzsystem regiert wird, dürften sie zwar in der Regierung bleiben, aber weiterhin nicht dabei sein. Anders ausgedrückt: Türen zu echten Koalitionsbeteiligungen bleiben geschlossen für sie. Wo die ÖVP kann, regiert sie ohne Sozialdemokraten. Das verfestigt sich.
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