ANALYSE. Der Rechtsruck, der sich im neuen Regierungsprogramm manifestiert, kann die letzte Linkspartei hoffen lassen.
Wenn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache da nur nicht neidisch wird: Frauke Petry, 41, Chefin der extrem rechten „Alternative für Deutschland“ (AfD), hat ein neues Vorbild. Und zwar nicht ihn, nicht Norbert Hofer und auch nicht die Freiheitlichen insgesamt. Es ist vielmehr die rot-schwarze Regierung: „Burkaverbot und Strafen für bockige Asylanten – Österreich, du hast es gut!“, twitterte sie in Anspielung auf das Programm, das sich Christian Kern (SPÖ) und Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gemeinsam mit ihren Ministern für die verbleibende Legislaturperiode vorgenommen haben. So etwas hätte Petry auch gerne. In ihrem Land kann sie nur davon ausgehen, allenfalls von der bayerischen CSU dabei unterstützt zu werden. Und das reicht nicht.
In der Alpenrepublik dagegen sind Dinge wie das Burkaverbot eine Mehrheitsposition. Selbst eine Verfassungsbestimmung bzw. eine Zweidrittelmehrheit dafür wäre möglich: Neben SPÖ und ÖVP wäre jedenfalls auch die FPÖ mit an Bord. Zum Leidwesen der Linken. Oder auch nicht: Genauer betrachtet entsteht dort gerade sehr viel Platz für die Grünen; und das weitet das Potenzial von Eva Glawischnig und Co. im Hinblick auf die kommenden Nationalratswahlen aus. Unter Umständen möglich werden jedenfalls mehr als zehn, 15 Prozent. Unmittelbare Mitbewerber haben sie ja keine mehr.
Man stelle sich vor, Kern würde einen Tweet absetzen wie sein kanadischer Amtskollege Justin Trudeau; er könnte sehr wahrscheinlich einpacken.
Die SPÖ nimmt sich unter Christian Kern nicht die Zeit, sich in der Mitte, geschweige denn links zu positionieren. Sie bemüht sich vielmehr darum, nach rechts abgedriftete Wähler mit rechten Angeboten zurückzuholen. Alles andere ist ihr nachvollziehbarerweise zu mühselig in einem Land, in dem gefühlte 80 Prozent der EU distanziert gegenüberstehen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sowieso unverzüglich abbrechen würden und Flüchtlinge ausschließlich als Belastung sehen. Was soll man da tun? Man stelle sich vor, Kern würde vor diesem Hintergrund einen Tweet absetzen wie sein kanadischer Amtskollege Justin Trudeau am vergangenen Wochenende: „An diejenigen, die vor Verfolgung, Terror und Krieg fliehen, die Österreicher werden Euch willkommen heißen, unabhängig von Eurem Glauben.“ Kern könnte sehr wahrscheinlich einpacken. Also zieht er es vor, sich anzupassen.
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Also ist für die Grünen als letzte Linkspartei umso mehr drinnen. Wobei es naturgemäß Grenzen gibt: Maßgeblich wird etwa sein, ob der FPÖ-Chef in einem Wahlkampf noch immer als der „Kanzler-Favorit“ gilt. Und ob es Kern dann noch gelingt, sich als einzige Alternative zur Strache-Verhinderung anzubieten – dann wird es für die Grünen enger; ansonsten ist umso mehr möglich für sie.
Screenshot Petry-Tweet: