ANALYSE. Laut jüngster WIFO-Prognose entfernt sich Österreich noch weiter von der Vollbeschäftigung. Das ist strategisch gesehen gar nicht so schlecht für den Kanzler und SPÖ-Vorsitzenden.
Als Neuer kann man eine Zeit lang sagen, was man anders machen würde und denn auch die entsprechenden Ziele definieren. Irgendwann aber wird man daran gemessen werden. Schon allein von daher muss der Kanzler und SPÖ-Vorsitzende Christian Kern auf baldige Neuwahlen setzen. Und mit den aktuellen Konjunkturprognosen wird der Druck für ihn nur noch größer.
Der Bericht von dieSubstanz.at, wonach die Zuwendungen an Parteien heuer so hoch wie schon lange nicht mehr sind, wurde vom Politikberater und Lobbyisten Andreas Kovar als unmissverständliches Zeichen interpretiert: „Die Kriegskassen werden gefüllt“, schrieb er auf Twitter. Tatsächlich gibt es immer mehr Gründe, die für einen baldigen Urnengang sprechen – und die den Vorbehalt, mit Ausnahme der FPÖ könne niemand ein Interesse daran haben, zunehmend in den Hintergrund drängen.
Eine Katastrophe für jemanden, der eine Vollbeschäftigung anstrebt. Es sei denn, er zieht die Reißleine.
Erstens: Kern ist nicht angetreten, um sich durch die großkoalitionären Mühlen aufreiben zu lassen; er muss sie vielmehr überwinden – und das geht realistischerweise nur, wenn er sie aufgibt.
Zweitens: Kern hat sich große Ziele gesetzt. Unter anderem eine Vollbeschäftigung im Jahr 2020. Das klingt gut; aber nur so lange, so lange nicht offensichtlich ist, dass das unmöglich ist.
Drittens: Mehr denn je ist klar, dass es in absehbarer Zeit schon schwer sein wird, die ohnehin schon hohe Arbeitslosenquote nicht weiter ansteigen zu lassen, geschweige denn zu senken. Laut aktueller WIFO-Prognose bleiben das Wirtschaftswachstum unter zwei Prozent. Im kommenden Jahr könnte es sogar nur eineinhalb Prozent betragen. Und das bedeutet, dass die Arbeitslosenquote auf 9,4 Prozent zunehmen könnte.
Eine Katastrophe für jemanden, der eine Vollbeschäftigung anstrebt. Es sei denn, er zieht die Reißleine und tut dies: Ein umso größeres Reformprogramm einmahnen, das den Koalitionspartner überfordert; und dann mit dem Hinweis, dass eine Mehrheit für ein solches Programmprogramm für das Land und seine Leute unverzichtbar sei, in Neuwahlen ziehen.