BERICHT. Die Entwicklung der Vertrauenswerte ist erfreulich. Aber nur auf den ersten Blick. Auf den zweiten zeigt sich, dass mit Rechtspopulismus und sozialen Verwerfungen Bedrohliches einhergeht.
Endlich wieder einmal eine gute Nachricht zum Zustand der Demokratie, wie man glauben könnte: Das Medienvertrauen ist beträchtlich. Ja, es ist größer als vor fünf Jahren. Das zeigen Ergebnisse von Eurobarometer-Standardbefragungen. In Österreich geben jeweils drei Viertel an, dass Rundfunk und Fernsehen aus ihrer Sicht alles in allem vertrauenswürdig seien. Bei Printmedien, also Zeitungen, handelt es sich um 69 Prozent. Bei der Befragung im November 2019 sind es 56 Prozent gewesen. Um 13 Prozentpunkte weniger also.
Journalismus wird ganz offensichtlich geschätzt. Das zeigt auch der Umstand, dass sozialen Medien grundsätzlich nur eine Minderheit von 39 Prozent Vertrauen schenkt. Journalismus wird geschätzt, ja bei all den Steigerungen im mehrjährigen Vergleich wird er das sogar wieder mehr.
Eine allfällige Party muss jedoch gecrasht werden. Zur Qualität von Eurobarometer-Befragungen gehört, dass nicht nur rund 1000 repräsentativ ausgewählte Menschen allein in Österreich befragt werden, sondern dass auch Detaildaten mitgeliefert werden: Antworten in Prozent nach Geschlecht, Alter und Bildungsstand etwa.
Bei Medienfragen scheinen es vor allem zwei Kategorien zu sein, die „den“ Unterschied machen: Die eine Kategorie ist, wie sehr Befragte von Zahlungsschwierigkeiten betroffen sind. Das liefert einen Hinweis auf ihre finanzielle Lage. Die andere Kategorie ist, wie sich Befragte politisch selbst verorten. Zwischen den beiden Kategorien gibt es keinen (direkten) Zusammenhang. Das muss betont werden. Bei den Antworten gibt es jedoch ein Muster.
Beispiel eins: 79 Prozent der Österreicher finden, dass Medien hierzulande vertrauenswürdige Informationen liefern. Bei jenen, die sich politisch rechts sehen, tun das jedoch nur 60 Prozent. Und bei all jenen, die ständig Zahlungsschwierigkeiten haben, überhaupt nur 43 Prozent. Bei ihnen widerspricht sogar eine relative Mehrheit von 49 Prozent.
Beispiel zwei: Ähnlich verhält es sich bei der Fragestellung, ob österreichische Medien Informationen bieten, die frei von politischem oder wirtschaftlichem Druck sind. Insgesamt sagen zwei Drittel ja. Bei Menschen mit ständigen Zahlungsschwierigkeiten tun das jedoch nur 38 Prozent und bei Rechten (immerhin gut einem Viertel aller Befragten) auch nur 45 Prozent. In beiden Gruppen findet eine Mehrheit von 51 bzw. 50 Prozent, dass die Medien nicht frei von erwähntem Druck sind.
Beispiel drei: Stärker noch kommt das alles in Beug auf den ORF zum Ausdruck. Die (fast) gleiche Frage wurde bezüglich politischem Druck auf öffentlich-rechtliche Medien in Österreich gestellt, also den ORF. Hier finden 59 Prozent aller Männer und Frauen, dass es keinen gibt. Bei Rechten und Menschen mit ständigen Zahlungsschwierigkeiten tun das hingegen kaum mehr als ein Drittel der Befragten (37 bzw. 34 Prozent). Bei ihnen sehen fast 60 Prozent einen solchen Druck (58 bzw. 57 Prozent). Sie orten demnach viel eher Abhängigkeit.
These: Hier setzt FPÖ-Chef Herbert Kickl an. Diese Stimmungslage ist wohl nicht allein auf ihn zurückzuführen, er bedient sie jedoch gezielt und verstärkt sie, wenn er vom Leder zieht und etwa behauptet, als „Journalisten getarnten Politikakteure“ würden den öffentlichen Rundfunk für die „Propaganda gegen die FPÖ missbrauchen“. Oder, Zitat Kickl: „Die stetige Beschimpfung der FPÖ und ihrer Wähler ist beim ORF systemimmanent, die Rolle des Staatsfunks in der Corona-Zeit als Propaganda-Organ der Regierung samt Impf-Lobbyismus haben viele Österreicher noch nicht vergessen.“
Das greift, es ist dazu angetan, in der Klientel, die Kickl wichtig ist, die Erwartung zu bilden, dass er, einmal in der Regierung, den ORF zurechtrichtet und zu einem „Grundfunk“ zerschlägt. Wie er es auch schon angekündigt hat.