BERICHT. „Wird Van der Bellen den Kanzler Kickl tatsächlich verhindern?“ Und: „Ist Babler der falsche Spitzenkandidat der SPÖ?“
Fragen regen zum Denken an. Ein Leser schreibt: „Wird Van der Bellen den Kanzler Kickl tatsächlich verhindern?“ Und: „Ist Babler der falsche Spitzenkandidat der SPÖ?“
In einer Zeitung hieß es vor wenigen Tagen sinngemäß, Bundespräsident Alexander Van der Bellen spiele angeblich mit dem Gedanken, FPÖ-Chef Herbert Kickl im Falle des Falles (Platz eins bei der Nationalratswahl) den Regierungsbildungsauftrag zu erteilen, um ihm dann beim Scheitern zuzusehen. Es ist kaum zu glauben: Van der Bellen muss wissen, dass Kickl weiß, dass es schwierig werden könnte für ihn. Und dass er sich denn auch entsprechend verhalten wird: Er wird Forderungen erheben, die seine Anhänger begeistern, aber von sonst niemandem akzeptiert werden können. Wie in einem verlängerten Wahlkampf. Da mag er am Ende nicht gleich Kanzler werden, muss aber auch nicht verlieren; im Gegenteil.
Van der Bellen wird sich kaum auf ein solches Risiko einlassen. Welche Möglichkeiten hat er jedoch? Grundsätzlich ist es so: Bei einer Regierungsbildung kommt es auf den Bundespräsidenten und den Willen einer Mehrheit des Nationalrats an. Da gibt es kein Entweder oder. Ein solches würde ausschließlich für ein Patt stehen.
Will Van der Bellen Kickl verhindern, macht es keinen Sinn, dass er es diesem nur ins Gesicht sagt. Oder dass er diesem im Falle des Falles einfach keinen Regierungsbildungsauftrag erteilt. Er muss sich (zunächst) informell darum bemühen, dass eine Koalition ohne FPÖ zustande kommen kann.
Wobei man es drehen und wenden kann, wie man will: Es kommt auf die ÖVP an. Sie ist und bleibt die „Scharnierpartei“ (Anton Pelinka): So lange sich keine rot-pink-grüne Ampel ausgeht, ist sie Teil der Regierung. Entweder an der Seite der FPÖ oder an der Seite von SPÖ und Neos oder Grünen.
Van der Bellens wichtigster Partner wird also der ÖVP-Chef, der je nach Wahlergebnis wiederum mehr oder weniger Spielraum hat, eigenständig zu agieren und sich zum Beispiel nicht auf Kickl, sondern auf Sozialdemokraten und Neos oder Grüne einzulassen.
Zweite Frage: „Ist Babler der falsche Spitzenkandidat der SPÖ?“ Das ist nicht beantwortbar. Genauso wenig wie man zum Beispiel sagen könnte, dass die Partei heute unter Pamela Rendi-Wagner oder Hans Peter Doskozil besser dastehen würde. Doskozil kann im Burgenland erfolgreich sein, weil er dort keine wahrnehmbaren Mitbewerber hat. Auf Bundesebene würde er sich – zugespitzt formuliert – mit ÖVP und FPÖ einen Wettbewerb um ein und dieselbe Wählerschaft liefern. Damit würde naturgemäß begrenztes Potenzial einhergehen.
Babler tut sich schwer, das ist evident: Bei Boulevardmedien ist er unten durch. Eigene Genossen sagen ziemlich offen, dass sie nicht wirklich überzeugt sind von ihm. Er ist klar links und hat mit Vermögenssteuern und anderen Dingen Forderungen, die politisch polarisieren. Genau das aber könnte zumindest strategisch richtig sein: Damit gehen Alleinstellungsmerkmale einher, die einem Teil der Wählerschaft entsprechen.
Das Risiko ist eher, dass sich eine relative Mehrheit der Wählerschaft erwarten könnte, dass ein Kanzlerkandidat ausgleichend, gemäßigt wirkt. Wobei: Kickl, aber auch Nehammer liefen den Gegenbeweis. Kickl polarisiert noch viel mehr und ganz anders als Babler und liegt in der Kanzlerfrage vorne. Und Nehammer lässt seine Leute schon einmal von „Einheitsparteien“ und einer „Staatsgefährderin“ reden, wenn es um andere geht. Chancen, das Amt zu behalten, hat er trotzdem.