ANALYSE. Die Regierung will im kommenden Jahr eine Objektivierung von Personalentscheidungen angehen. Das ist gut, aber nur bedingt glaubwürdig.
Gerade hat die Bundesregierung Ex-EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) zum Aufsichtsratspräsidenten der Nationalbank gemacht. Warum eigentlich? Natürlich: Es handelt sich um eine politische Entscheidung. Und im schwarz-rot-pinken Arbeitsübereikommen ist festgehalten, dass das „Recht“, die Auswahl vorzunehmen, hier Kanzler Christian Stocker (ÖVP) zufällt.
Das Ganze ist aber schon sehr österreichisch: Das „Recht“ wird gewissermaßen als Freibrief für Stocker angesehen, zu nominieren, wen er mag. Es ist nicht präzisiert und es gibt auch keine Debatte darüber, welche Voraussetzungen ein Aufsichtsratspräsident der Nationalbank mitbringen sollte.
Es ist Ausdruck einer Unkultur, die sich weiterzieht. Wenn ein Leiter eines Finanzamtes gesucht wird, gibt es zwar definierte Anforderungen und auch eine Begutachtungskommission; diese spielt dann aber schon einmal mit und sorgt dafür, dass ein ÖVP-Mann – nicht eine besserqualifizierte Kandidatin – zum Zug kommt. Siehe Fall Wöginger.
Irritierend ist, dass die Bundesregierung trotz dieser beiden Fälle angekündigt hat, eine Objektivierung im Bundesdienst anzugehen. Bis zum Sommer soll geprüft werden, was ist, dann soll geklärt werden, was geändert werden muss.
Kann das ernstgemeint sein? Es ist zu bezweifeln. Wenn es ernstgemeint wäre, würde man sich bei einem Aufsichtsratspräsidenten der Nationalbank zumindest die Mühe machen, zu sagen, was dieser können soll und dann Hahn präsentieren. Aber nicht Hahn präsentieren und dann einfach nur sehr allgemein feststellen, er sei die Idealbesetzung.
Wenn es ernstgemeint wäre, wäre es selbstverständlich, dass Wöginger längst zurückgetreten wäre. Dann wäre klar, dass Korruption – und Postenschacher ist eine Form von Korruption, ganz unabhängig davon, wie er strafrechtlich definiert ist – geächtet wird. Wäre es logisch, dass es da schon rein politisch null Toleranz geben kann; und dass es in weiterer Folge auch zu keiner Diversion kommen kann.
Insofern wäre das ein glaubwürdiger Anknüpfungspunkt: Jeder, der sich an Postenschacher beteiligt, sollte wissen, dass er sich damit in jedem Fall für öffentliche Funktionen diskqualifiziert. Und dass er zusätzlich mit harter Strafe rechnen muss. Ob als Politiker oder als Mitglied einer Begutachtungskommission.
Damit wäre viel gewonnen. Es würde wesentlich zu einer Objektivierung von Personalentscheidungen beitragen. Möglich und nötig wäre noch viel mehr. Bis hin zu einer Beseitigung des sogenannten Drehtüreffekts in der Form, dass politisch ausgewählte Mitarbeiter von Regierungsmitgliedern nicht nur als Generalsekretäre Beamten vorgesetzt werden, sondern darüber hinaus auch zu viele dieser Mitarbeiter nach ihrer Tätigkeit in einem Kabinett in die Beamtenschaft wechseln. Dass diese durch sie gewissermaßen eingefärbt wird.
GRECO, die Staatengruppe des Europarats gegen Korruption, würde dem einen Riegel vorschieben. Sie empfiehlt eine Wartezeit. In anderen Staaten üblich seien ganze zwei Jahre, in denen einen solcher Wechsel nicht möglich ist, heißt es in einem Bericht der Gruppe zu Österreich. Bisher ist diese Empfehlung bezeichnenderweise aber nicht einmal ignoriert worden.