ANALYSE. Antisemitismus muss mit aller Konsequenz bekämpft werden. Bekenntnisse allein genügen nicht, wie man sieht.
Die Rede, die der Schriftsteller Michael Köhlmeier beim Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Parlament gehalten hat, sorgt für heftige Debatten. Wobei Kritik nicht nur von Freiheitlichen kommt. Die ÖVP ortet einen unerträglichen Vergleich zwischen der Schließung der Balkan-Route und der Judenverfolgung. Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung, sieht „Demagogie auf hohem Niveau“ – da könne sich „selbst die FPÖ noch was abschauen“.
Straches Bemühen ist das eine. Er allein ist jedoch nicht die Regierungspartei FPÖ.
Sehr viel spricht jedoch dafür, dass diese Zuspitzung zumindest in Bezug auf die FPÖ notwendig war – weil man in Österreich zu viel durchgehen lässt; und weil der Umgang mit Antisemitismus und antisemitistischen Tendenzen nicht konsequent ist. Um den Hinweis von Patterer aufzugreifen, dass Köhlmeier auch den Auftritt von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf dem Akademikerball erwähnen hätte können, in dem er so klare Worte gefunden hatte, dass dies anwesenden Burschenschaftern nicht gefiel: Ja, man kann davon ausgehen, dass Strache als Vizekanzler Salonfähigkeit demonstrieren möchte; zumal er allein aber nicht die Regierungspartei FPÖ ist, ist ebenso relevant, was z.B. Klubobmann Johann Gudenus über George Soros sagt; in welchen Burschenschafterkreisen sich ein guter Teil seiner Abgeordneten herumtreibt; in welchen Medien blaue Ministerien so Inserate schalten und so weiter und so fort.
Seit Einsetzung der Hisitorikerkommission ist die FPÖ-Geschichte wirklich aus den Schlagzeilen.
Und auch vor diesem Hintergrund hat es eine Köhlmeier-Rede in der gewählten Deutlichkeit gebraucht: Medien nehmen ihre Funktion, genauer hinzuschauen, nur bedingt wahr. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist die freiheitliche Historikerkommission: Es reicht ganz offensichtlich, dass Strache erklärt, durch sie reinen Tisch machen zu wollen. Aber das kann doch wohl nicht genügen: Die FPÖ-Geschichte war rund um die Causa Landbauer ein großes Thema – und zwar ziemlich genau bis zum Tag, an dem die Partei die Historikerkommission einsetzte. Was die Darstellung von Andraes Mölzer bestätigt, dass sie in erster Linie ein „taktisches Manöver“ gewesen sei, „um aus den Schlagzeilen zu kommen“. Das ist aufgegangen. Abgesehen davon ist jedoch auch bemerkenswert, dass sich bis heute keine wahrnehmbare Initiative herausgebildet hat, die die Aufarbeitung der FPÖ-Geschichte nicht nur der Historikerkommission allein überlässt, sondern auch selbst betreibt: So wird am Ende eher nur eine gewisse FPÖ-Darstellung übrigbleiben.